Zweites Kapitel: Sorgfaltspflichten der Versicherungsunternehmen

1. Abschnitt: Identifizierung der Vertragspartei

Art. 5

Beweiskräftige Dokumente für juristische Personen und Personengesellschaften



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Vertragspartei verfügt über einen Eintrag im Handelsregister oder in einem ausländischen Register:
Die Identifizierung einer im schweizerischen Handelsregister oder in einem gleichwertigen ausländischen Register eingetragenen juristischen Person oder Personengesellschaft erfolgt auf Grund eines Handelsregisterauszuges oder eines gleichwertigen ausländischen Ausweises. Dem Handelsregisterauszug gleichgestellt sind Publikationen im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB), im zentralen Firmenindex des Bundes (ZEFIX) sowie im Teledata oder Publikationen sowie schriftliche Bestätigungen der Aufsichtsbehörden oder der Revisionsstelle (Testat).

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Vertragspartei verfügt über keinen Registereintrag:
Nicht in einem Register eingetragene juristische Personen oder Personengesellschaften sind anhand gleichwertiger Dokumente zu identifizieren. Als gleichwertige Dokumente gelten insbesondere:

  1. die Statuten;
  2. die Gesellschaftsverträge;
  3. die Gründungsurkunden;
  4. das letzte Testat der Revisionsstelle;
  5. eine gewerbepolizeiliche Bewilligung;
  6. ein schriftlicher Auszug aus vertrauenswürdigen privat verwalteten Verzeichnissen und Datenbanken.

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Die in Art. 5 Abs. 1 und 2 genannten Auszüge aus dem Handelsregister oder privat verwalteten Datenbanken, dem SHAB sowie Publikationen oder schriftliche Bestätigungen der Aufsichtsbehörden und Revisionsstellen dürfen höchsten zwölf Monate alt sein.

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften muss das Versicherungsunternehmen die Bevollmächtigungsbestimmungen der Vertragspartei zur Kenntnis nehmen und die Identität der Personen überprüfen, die im Namen der Vertragspartei die Antragsdokumente unterzeichnen.

Die Prüfung der Identität erfolgt gemäss den Vorgaben in Art. 4 Abs. 1 oder durch Einholung einer einfachen Kopie eines amtlichen Ausweispapiers mit Foto und Unterschrift derjenigen Person, welche die Antragsdokumente unterzeichnet.



Vorbemerkungen


Der Finanzintermediär ist verpflichtet, die Vertragspartei anhand von beweiskräftigen Originaldokumenten zu identifizieren. Dieses Vorgehen dient der Transparenz von Geschäftsbeziehungen im Finanzsektor. Mögliche Geldwäscher sollen bei ihren kriminellen Handlungen nicht anonym bleiben dürfen. Die Identifizierung der Vertragspartei erschwert letztlich die Platzierung von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen stammen oder der Terrorismusfinanzierung dienen sollen (vgl. Kommentar zu Art. 3).


Art. 5 R SRO-SVV definiert die beweiskräftigen Dokumente für die Identifizierung einer juristischen Person abschliessend. Fehlen solche Dokumente, sind sie fehlerhaft oder nicht mehr aktuell, muss die Identifizierung gemäss Art. 6 R SRO-SVV vorgenommen werden.


In der Praxis sind Vereine in der Regel weder im Handelsregister eingetragen, noch werden sie durch eine Prüfgesellschaft revidiert. Sie können deshalb in der Regel nur mit den Stauten oder anderen Vereinsdokumenten identifiziert werden. Da diese Dokumente die aktuellen Verhältnisse auch dann widergeben, wenn sie älter als 12 Monate sind, können diese akzeptiert werden. Ist dagegen ein Verein im Handelsregister eingetragen, so darf der Handelsregisterauszug nicht älter als 12 Monate sein.


Bei den zulässigen Identifizierungsmöglichkeiten wird zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften mit und ohne einen Registereintrag unterschieden.


Zusätzlich zur Identifikation der juristischen Person und/oder der Personengesellschaft sind die für die juristische Person und/oder der Personengesellschaft handelnden natürlichen Personen nach Art. 4 R SRO-SVV zu identifizieren.


zu Art. 5:


Im Falle von Beziehungsaufnahmen mit Vereinen mit wirtschaftlichem Zweck, mit Stiftungen, Trusts oder ähnlichen rechtlich «verselbständigten» Vermögensmassen empfiehlt es sich, eine Einzelfallprüfung durch die unternehmenseigene Fachstelle für die Geldwäschereibekämpfung vornehmen zu lassen.


Bei Beziehungsaufnahmen mit juristischen Personen sollte sich der identifizierende Mitarbeitende folgende Grundfragen stellen:

  • Besteht die juristische Person ordnungsgemäss?
  • Ist sie im Handelsregister eingetragen?
  • Wurden die Gesellschaftsorgane ordnungsgemäss bestellt?
  • Welches ist der Zweck der juristischen Person oder Gesellschaft?
  • Welche Geschäfte kann die Gesellschaft überhaupt bzw. sinnvollerweise tätigen?
  • Welche Personen können die juristische Person vertreten?

Unter den Begriff «juristische Personen» im Sinne des Reglements fallen Aktiengesellschaften (Art. 620 ff. OR), Kommanditaktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Art. 772 ff. OR), Genossenschaften (Art. 828 ff. OR) sowie Vereine (Art. 60 ff. ZGB) und Stiftungen (Art. 80 ff. ZGB).


Kollektivgesellschaften (Art. 552 ff. OR) und Kommanditgesellschaften (Art. 594 ff. OR) sind rechtsfähige Personengesellschaften. Im Kommentar wird nachstehend der Einfachheit halber nur der Begriff «juristische Person» für alle oben aufgeführten juristischen Personen und Personengesellschaften verwendet.


Keine juristische Person ist eine einfache Gesellschaft. Bei einer einfachen Gesellschaft wird der Vertrag mit den einzelnen Gesellschaftern abgeschlossen (siehe auch De Capitani, a. a. O., Komm. zu Art. 3 GwG N 23 ff.).


Nicht rechtsfähige Personengesellschaften sind nach den Grundsätzen über die Identifikation natürlicher Personen zu identifizieren. Die Vertreter müssen ihre Vertretungsmacht nachweisen (z. B. anhand eines Versammlungsprotokolls).


Bei der Identifikation der juristischen Person bzw. der rechtsfähigen Personengesellschaft mit Sitz im Ausland muss in einem ersten Schritt geprüft werden, ob ein Registereintrag besteht (z. B. «Certificate of incorporation»). Besteht ein solcher nicht, so ist die Vertragspartei anhand gleichwertiger Dokumente gemäss Art. 5 Abs. 2 R SRO-SVV zu identifizieren (z. B. «Memorandum and articles of associations»).


Angelsächsischer Rechtskreis:


Das Certificate of incorporation bestätigt die Existenz der Gesellschaft.


Memorandum and Articles of association sind die Statuten der Gesellschaft. Diese sind insbesondere wegen der angelsächsischen «ultra vires-Doktrin» wichtig.


Certificate of Incumbency: Liste der vertretungsberechtigten Personen («Directors») mit Board Resolution, welche bestätigt, dass die entsprechenden Personen autorisiert wurden und wie (z. B. «joint signature») sowie allenfalls in welchem Umfang (z. B. betragliche Grenzen) sie für die Gesellschaft zeichnen dürfen.


Kennt das Sitzland des Versicherungsunternehmens Rechtsformen, welche dem schweizerischen Recht unbekannt sind, ist von Fall zu Fall zu prüfen, aufgrund welcher Dokumente die Identität der Vertragspartei zweifelsfrei festgestellt werden kann.


Abs. 1:


Zulässig für die Identifikation einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person sind höchstens zwölf Monate alte Handelsregisterauszüge, Publikationen im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB), im zentralen Firmenindex des Bundes (ZEFIX),ein aktueller Teledata/Creditreform/Bisnode D&B-Print, Publikationen sowie Bestätigungen der Aufsichtsbehörden (z. B. Aufführung der Vertragspartei auf der Website der FINMA) oder Bestätigungen der Revisionsstelle (Testat).


Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der letzten zwölf Monate Änderungen im Eintrag vorgenommen wurden, ist ein aktueller Handelsregisterauszug beizubringen.


Abs. 2:


Die Identität der im Handelsregister nicht eingetragenen juristischen Personen und Gemeinschaften (Vereine, Stiftungen, Stockwerkeigentümergemeinschaften, öffentlich-rechtliche Anstalten und Körperschaften) ist anhand von Statuten oder gleichwertigen Dokumenten vorzunehmen. Die Identifikationsdokumente müssen nicht öffentlich beglaubigt sein. Zulässig, aber in der Praxis von geringer Bedeutung ist die Identifikation der Vertragspartei anhand einer gewerbepolizeilichen Bewilligung.


Abs. 3:


In Abs. 3 wird festgehalten, dass die Grundsatzregelung, wonach die für die Identifikation verwendeten Auszüge aus den Registern und Bestätigungen der Aufsichtsbehörden etc. höchstens 12 Monate alt sein dürfen, für alle juristischen Personen gilt (unabhängig davon ob ein Registereintrag besteht oder nicht).


Zusätzlich zur Identifikation der juristischen Person oder der rechtsfähigen Personengesellschaft sind:

  • die Bevollmächtigungsbestimmungen der Vertragspartei zur Kenntnis zu nehmen und
  • die Identität der gegenüber dem Versicherungsunternehmen für die Vertragspartei handelnden natürlichen Personen zu prüfen. Es handelt sich dabei um eine erleichterte Identifikationsform: Der Vertreter der juristischen Person kann selber eine Ausweiskopie erstellen und der Versicherungsgesellschaft per Post oder auf dem elektronischen Weg zustellen. Dies im Unterschied zu den Regeln, welche für die Identifizierung einer natürlichen Person als Vertragspartei gelten.

Nur bei den gegenüber dem Versicherungsunternehmen für die Vertragspartei im Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsbeziehung handelnden natürlichen Personen (Unterzeichner der Antragsdokumente) ist die Identität zu prüfen und eine Ausweiskopie zu den Akten zu nehmen (nicht von allen im Register eingetragenen Zeichnungsberechtigten).