Viertes Kapitel: Schluss- und Übergangsbestimmungen

Art. 27

Übergangsbestimmungen



1

Für vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossene Versicherungsverträge der Säule 3b sind die neuen Bestimmungen des Reglements vom 1. Januar 2008 anzuwenden, falls nach dem 1. Januar 2008 ein solcher Vertrag den Schwellenwert überschreitet, eine Zahlung von über 10'000 Franken fällig wird oder der Versicherungsnehmer ändert.



Vorbemerkung:


Das GwG ist auf den 1. April 1998 in Kraft getreten und entfaltet keine Rückwirkung. Eine entsprechende Bestimmung fehlt im GwG. Art.42 GwG regelte in seinen früheren Fassungen jedoch klar, dass das Gesetz ab Inkrafttreten gilt. (vgl. auch Graber, GwG, Art. 42 N 1 ff. und Thelesklaf/Wyss/Zollinger, Kommentar GwG, Komm. zu Art. 42, 1. Auflage 2003; differenziert: De Capitani, GwG, Komm. zu Art. 42; Art. 42 hat nach Thelesklaf/Wyss/van Thiel/Ordolli, 3. Auflage 2019, in seiner alten Fassung nur noch historische Bedeutung). Innerhalb eines Jahres hatten die Selbstregulierungsorganisationen ihr Anerkennungsgesuch und ihr Reglement der Aufsichtsbehörde vorzulegen (Art. 42 Abs. 1; Graber, GwG, Art. 42 N 3).


Auf den 1. Januar 1999 ist das (erste) Reglement der Selbstregulierungsorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbandes zur Bekämpfung der Geldwäscherei in Kraft getreten. Es wurde in der Urabstimmung vom November 1998 angenommen und vom BPV am 14. Dezember 1998 genehmigt. Auf Sachverhalte, die sich vor dem Inkrafttreten verwirklicht haben, findet das Reglement keine Anwendung (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht 5. Auflage, 2006, Rz 330). Demnach besteht beispielsweise keine Pflicht zur Identifizierung der Vertragspartei für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Vertragsverhältnisse, sofern die Voraussetzungen zu einer Nachidentifikation nicht vorliegen, keine wesentliche Vertragsänderung erfolgt und keine Anhaltspunkte zur Vornahme einer vertieften Abklärung bestehen.


Da neue GwG-Bestimmungen mindestens bisher, d.h. ohne explizite gesetzliche Grundlage dazu, ebenfalls keine Rückwirkung entfalten, finden sie (wie z. B. Pflicht zur Feststellung der Kontrollinhaber) auf bestehende Geschäftsbeziehungen nur bedingt Anwendung. So beispielsweise, wenn die Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung wiederholt werden muss, wenn eine wesentliche Vertragsänderung erfolgt oder, wenn Anhaltspunkte für die Vornahme von vertieften Abklärungen bestehen (vgl. Kommentar zu Art. 12).


Abs. 1 des geltenden Reglements legt fest, dass die Vorschriften des Reglements unter Vorbehalt von Abs. 2 und Abs. 3 auf alle am 1. Januar 2008 bestehenden Vertragsverhältnisse anwendbar sind.


zu Abs. 1:


Das Reglement ist in der Säule 3b auf Abschlüsse vor dem 1. Januar 2008 anwendbar, bei

  • Überschreiten des Schwellenwertes nach Art. 3 R SRO-SVV oder
  • fälligen Zahlungen über CHF 10'000 oder
  • Versicherungsnehmer-Wechsel.

Ist eine der drei in Rz. 1 vorgenannten Alternativbedingungen eingetreten, unterliegt der in Frage stehende Vertrag allen Bestimmungen dieses Reglements.


Das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor vom 10. Oktober 1997 (Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0) ist auf den 1. April 1998 in Kraft getreten. Es hat keine rückwirkende Geltung (siehe Art. 42 GwG in der Fassung bis 31.12.2019). Zu beachten ist indes, dass die Finanzintermediäre nach Art. 305ter StGB seit dem 12. April 1990 die materielle Sorgfaltspflicht haben, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten «mit der nach Umständen gebotenen Sorgfalt» festzustellen.


Bezüglich des intertemporalen Rechts hält Art. 42 Abs. 1 GwG fest, dass das Gesetz «ab Inkrafttreten für die Finanzintermediäre nach Art. 2 Abs. 2 gilt.» Darunter fallen nach Art. 2 Abs. 2 lit. c GwG auch Versicherungseinrichtungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz, welche die direkte Lebensversicherung betreiben oder Anteile einer kollektiven Kapitalanlage anbieten oder vertreiben. Für die Finanzintermediäre gilt ab Inkrafttreten des GwG zudem die Meldepflicht nach Art. 9 GwG.


Am 1. Januar 1999 ist das erste Reglement SRO-SVV, welches am 14. Dezember 1998 vom BPV genehmigt wurde, in Kraft getreten. Es enthält keine Übergangsregelung. Somit hatten alle der SRO-SVV beigetretenen Gesellschaften ab Datum des Inkrafttretens des Reglements die Sorgfaltspflichten nach Art. 2ff. R SRO-SVV zu erfüllen.


Gestützt auf das Geldwäschereigesetz hat die SRO-SVV auf den 1. Januar 2001 ein neues Reglement erlassen. Es enthält keine Übergangsbestimmung. Dies bedeutet, dass alle nach dem 1. Januar 2001 unterzeichneten Anträge in Bezug auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten nach dem neuen Reglement zu beurteilen sind. Für Anträge, die vor dem 1. Januar 2001 unterzeichnet wurden und bei denen die Prüfung nach altem Reglement bis zum Inkrafttreten des neuen Reglements noch nicht durchgeführt oder noch nicht abgeschlossen ist, gilt ebenfalls das neue Reglement. Dieser Auslegung von Art. 13 R SRO-SVV wurde von der Aufsichtsbehörde nie widersprochen.


Gemäss Art. 12 GwG liegt die Aufsicht und die Einhaltung der Pflichten nach dem zweiten Kapitel für Finanzintermediäre nach Art. 2 Abs. 2 lit. a–d GwG bei der FINMA. Somit unterstehen Versicherungsunternehmen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz, welche die direkte Lebensversicherung betreiben oder Anteile einer kollektiven Kapitalanlage anbieten oder vertreiben, der Aufsicht der FINMA.

  1. Die FINMA konkretisiert nach Art. 17 GwG für die ihr unterstellten Finanzintermediäre die Sorgfaltspflichten nach dem zweiten Kapitel und legen fest, wie diese zu erfüllen sind, «soweit keine anerkannte Selbstregulierung besteht». Damit wird der FINMA die Aufgabe übertragen, die Einhaltung der im zweiten Kapitel des GwG geregelten Pflichten durch die von ihnen beaufsichtigten Finanzintermediäre zu überwachen (Art. 12 lit. a GwG).
  2. Der Wortlaut von Art. 17 GwG, insbesondere der Satzteil «soweit keine anerkannte Selbstregulierung besteht» ist klar und unmissverständlich. Die FINMA geht gestützt auf Art. 7 Abs. 1 FinmaG weiter und statuiert in Art. 42 GwV-FINMA die Bestimmungen des «Reglements der Selbstregulierungsorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbandes zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (SRO-SVV)» vom 12. Juni 2015 als Standard für sämtliche Versicherungseinrichtungen.
  3. Andererseits bewirkt die Selbstregulierung bei den aufgrund spezialgesetzlicher Bestimmungen beaufsichtigten Finanzintermediären keine Befreiung von der direkten Aufsicht durch die spezialgesetzlichen Aufsichtsbehörden (Art. 12 lit. a GwG). «Die Aufsichtsbehörden werden sich jedoch dort Zurückhaltung auferlegen, wo sie eine funktionierende Selbstregulierung vorfinden» (Botschaft-1996, Selbstregulierung, S. 1112).

Überschreitung der Schwellenwerte nach Art. 3 R SRO-SVV


Erfolgt während der Laufzeit eines bestehenden Vertrages der Säule 3b mit Sparanteil eine Investition der Vertragspartei, welche die Schwellenwerte nach Art. 3 R SRO-SVV überschreitet und bestand bei Vertragsabschluss keine Pflicht zur Identifizierung der Vertragspartei und zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person, sind die Sorgfaltspflichten im Zuge der Vertragsanpassung vorzunehmen und die GwG-Formulare der Gesellschaft auszufüllen. Die Sorgfaltspflichten sind in gleicher Weise einzuhalten wie bei einem Neugeschäft.


Bei Vertragsabschluss vor dem 1. Januar 2008 mussten die Versicherungsunternehmen kein Geldwäschereirisiko in der neuen spezifischen Geschäftsbeziehung feststellen und keine Markierung der Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Geldwäschereirisiko vornehmen (Art. 13 R SRO-SVV). Wird nunmehr der Schwellenwert nach Art. 3 R SRO-SVV durch eine Investition der Vertragspartei nach dem 1. Januar 2008 überschritten, ist das spezifische Geldwäschereirisiko in der Geschäftsbeziehung anlässlich der Erhöhung durch das Versicherungsunternehmen aufgrund seiner Kriterien, analog zu den gesellschaftsspezifischen Bestimmungen für das Neugeschäft, festzustellen und allfällige besondere Abklärungen vorzunehmen.


Ohne Überschreitung der Schwellenwerte nach Art. 3 R SRO-SVV während der Laufzeit des vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages der Säule 3b sind die Versicherungsunternehmen nicht verpflichtet, das Geldwäschereirisiko nach Art. 14 R SRO-SVV in der spezifischen Geschäftsbeziehung festzustellen (keine Rückwirkung).


Wechsel des Versicherungsnehmers


Erfolgt während der Laufzeit eines bestehenden Vertrages der Säule 3b mit Sparanteil ein Wechsel des Versicherungsnehmers bzw. der Vertragspartei und bestand bei Vertragsabschluss die Pflicht zur Identifizierung der Vertragspartei und zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person, sind die Versicherungsunternehmen im Zuge des Wechsels der Vertragspartei verpflichtet, die neue Vertragspartei zu identifizieren und die wirtschaftlich berechtigte Person festzustellen.


Erfolgt während der Laufzeit eines bestehenden Vertrages der Säule 3b mit Sparanteil und nach dem 1. Januar 2008 ein Wechsel des Versicherungsnehmers bzw. der Vertragspartei sind die Versicherungsunternehmen verpflichtet, das spezifische Geldwäschereirisiko in der Geschäftsbeziehung zum neuen Versicherungsnehmer anlässlich des Wechsels aufgrund ihrer Kriterien, analog zu den gesellschaftsspezifischen Bestimmungen für das Neugeschäft, festzustellen und allfällige besondere Abklärungen vorzunehmen.


Die Vorgaben zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Personen bei Trusts, Stiftungen oder ähnlichen Vermögenseinheiten gemäss Kommentar Art. 2 lit. c R SRO-SVV, Rz 5 sind auf Geschäftsbeziehungen anwendbar, welche nach dem 1. Juli 2017 eröffnet werden.