Das am 1. August 2014 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen anerkennt das an diesen Menschen begangene Unrecht. Es sieht namentlich vor, dass die von Verwaltungsbehörden ohne gerichtliches Verfahren angeordneten Einweisungen in Anstalten wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Die vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission wird den Schwerpunkt der Untersuchung auf die Geschichte der administrativen Versorgungen vor 1981 legen, die Perspektive von Opfern und Betroffenen aufzeigen sowie die Interventionen der Behörden analysieren. Darüber hinaus wird die Kommission auch die Bezüge zu anderen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen berücksichtigen.
Die multidisziplinär zusammengesetzte Expertenkommission wird ihre Arbeit Anfang 2015 aufnehmen und bis Ende 2018 abschliessen. Folgende Mitglieder gehören ihr an:
- Dr. Markus Notter, Jurist, alt Regierungsrat des Kantons Zürich, Präsident
- Prof. Jacques Gasser, Psychiater, Prilly VD
- Dr. Beat Gnädinger, Staatsarchivar, Zürich
- Prof. Lukas Gschwend, Jurist, St. Gallen
- Prof. Gisela Hauss, Hochschule für Soziale Arbeit, Olten
- Dr. Thomas Huonker, Historiker, Zürich
- Prof. Martin Lengwiler, Historiker, Basel
- Prof. Anne-Françoise Praz, Historikerin, Freiburg
- Dr. Loretta Seglias, Historikerin, Basel
Nationales Forschungsprogramm für umfassende Aufarbeitung
Von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen waren nicht nur administrativ versorgte Menschen betroffen. Deshalb soll die Untersuchung der Expertenkommission durch ein Nationales Forschungsprogramm (NFP) ergänzt werden. Der Bundesrat hat veranlasst, dass der Schweizerische Nationalfonds die Machbarkeit eines Nationalen Forschungsprogramms «Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981» prüft. Sobald die Ergebnisse dieser Prüfung vorliegen, wird der Bundesrat abschliessend über die Lancierung eines NFP entscheiden.
Da sich die Tätigkeit der Expertenkommission und des NFP ergänzen, ist eine enge Zusammenarbeit angezeigt. Synergien können genutzt werden, indem etwa der Beizug von Experten koordiniert wird oder gemeinsame Anhörungen und Anlässe durchgeführt werden.
Quelle: Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz vom 5. November 2014