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4A_59/2023: Bonuskürzung während Mutterschaftsurlaub

4A_59/2023: Bonuskürzung während Mutterschaftsurlaub

von Patricia Meier am 1. Juli 2024

Im Entscheid 4A_59/2023 vom 15. Mai 2024 befasste sich das Bundesgericht insbesondere mit der Frage, ob die Kürzung des Bonus in Form einer unechten Gratifikation mit Ermessen der Arbeitgeberin in Bezug auf die Höhe während des Mutterschaftsurlaubes von der 9. bis 16. Woche nach der Niederkunft diskriminierend sei. Strittig war vor Bundesgericht, ob die Vorinstanz ... weiterlesen

4A_59/2023: Bonuskürzung während Mutterschaftsurlaub

von Patricia Meier am 1. Juli 2024

Im Entscheid 4A_59/2023 vom 15. Mai 2024 befasste sich das Bundesgericht insbesondere mit der Frage, ob die Kürzung des Bonus in Form einer unechten Gratifikation mit Ermessen der Arbeitgeberin in Bezug auf die Höhe während des Mutterschaftsurlaubes von der 9. bis 16. Woche nach der Niederkunft diskriminierend sei.

Strittig war vor Bundesgericht, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt habe (namentlich zur Lohnhöhe Art. 322 und Art. 322d OR sowie das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 3 GlG), indem sie der Arbeitnehmerin (Beschwerdeführerin) die Restanz des Jahresbonus 2018 sowie eines vereinbarten Sonderbonus (im Entscheid als Cadmium-Bonus bezeichnet) während des freiwilligen Mutterschaftsurlaubes nicht zugesprochen und die aufgeschobene Lohnerhöhung als nicht diskriminierend beurteilt habe.

In Bezug auf die geforderte Restanz des Jahresbonus 2018 habe die Vorinstanz erwogen, dass die Parteien unbestrittenermassen eine unechte Gratifikation vereinbart hätten, mithin dass darauf ein Anspruch bestehe, wobei jedoch der Arbeitgeberin bei der Bestimmung der Höhe ein gewisses Ermessen verbleibe. Zutreffend und unbestritten sei sodann gemäss Vorinstanz die erstinstanzliche Feststellung gewesen, wonach die Kürzung des Bonus während der ersten acht Wochen nach der Niederkunft aufgrund des gesetzlichen Arbeitsverbots während dieser Zeit diskriminierend und daher unzulässig sei. Gleiches gelte für die Kürzung des Bonus aufgrund der von der Beschwerdeführerin bezogenen Ferien. Diesbezüglich sei der erstinstanzliche Entscheid sodann in Rechtskraft erwachsen. Zu prüfen war von der Vorinstanz daher einzig, ob auch die 25 Tage andauernde “schwangerschaftsbedingte Abwesenheit” der Beschwerdeführerin sowie ihre Abwesenheit während der 9. bis 16. Woche des Mutterschaftsurlaubes bei der Bemessung des Bonus als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen seien.

Primär sei zur Bestimmung des Anspruchs der Vertragswortlaut zu berücksichtigen, aus welchem sich ergebe, dass die Arbeitgeberin (Beschwerdegegnerin 1) die Leistung der Beschwerdeführerin über das ganze Jahr beurteilen und folglich auch längere Abwesenheiten mit einbeziehen dürfe. Da die Gratifikation auch als Anerkennung für die geleistete Arbeit zu verstehen sei, dürfe der Arbeitgeber diese auch anhand der tatsächlich erbrachten Leistung bemessen. Zudem habe die Beschwerdeführerin nach Treu und Glauben nicht darauf schliessen dürfen, dass aufgrund der Zusicherung des vollen Lohns während der Mutterschaft ihre mutterschaftsbedingten Abwesenheiten bei der Festsetzung der Gratifikationshöhe nicht berücksichtigt würden.

Hinsichtlich des Diskriminierungsverbots gemäss Art. 3 GlG habe die Vorinstanz erwogen, dass der Bezug des Mutterschaftsurlaubes während der noch strittigen Zeit von der 9. bis zur 16. Woche nach der Niederkunft mithin freiwillig sei, da die Arbeitnehmerin von Gesetzes wegen hätte arbeiten dürfen. Demzufolge treffe den Arbeitgeber, soweit nichts Anderes vereinbart sei, auch keine Lohnfortzahlungspflicht. Der Anspruch auf Leistungen aus der Mutterschaftsversicherung rechtfertige aber nicht, diese freiwillige Abwesenheit im Vergleich zu anderen unverschuldeten Abwesenheiten von Arbeitnehmenden, die bei der Bemessung der Gratifikation ebenfalls als Kürzungsgrund berücksichtigt werden könnten, zu privilegieren. Die Vorinstanz beurteilte daher die Kürzung der Gratifikation während der freiwilligen Abwesenheit der Beschwerdeführerin als nicht diskriminierend (E. 3.2.1).

In Bezug auf die Höhe des Sonderbonus habe die Vorinstanz erwogen, dass ein Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe nicht vereinbart worden sei. Eine solche mögliche Vertragsanpassung sei zwar Gegenstand von Verhandlungen gewesen, habe aber keine Einigung gefunden. Es stehe daher auch nicht fest, dass überhaupt eine Kürzung gestützt auf die Abwesenheit der Beschwerdeführerin infolge Schwangerschaft oder Niederkunft erfolgt sei. Es sei der Arbeitnehmerin zudem auch nicht bestätigt worden, dass der Sonderbonus für die Zeit der Abwesenheit der Beschwerdeführerin bezahlt würde. Es habe daher im Ermessen der Arbeitgeberin gestanden, ob und in welcher Höhe ein allfälliger Sonderbonus ausbezahlt würde. Mangels eines Anspruchs sei auch keine Diskriminierung erstellt (E. 3.2.2. und E. 3.3.2).

Gestützt darauf erwog das Bundesgericht, dass angesichts dieser überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz nicht dargetan sei, dass diese in Willkür verfallen wäre oder sonst Bundesrecht verletzt hätte (E. 3).

Gemäss Bundesgericht sei die vorinstanzliche Erwägung nicht zu beanstanden, wonach die Arbeitgeberin aufgrund der vertraglichen Vereinbarung die schwangerschaftsbedingte Abwesenheit bei ihrer Leistungsbeurteilung resp. bei der Bemessung des Bonus habe berücksichtigen dürfen. Es verstehe sich von selbst, dass die Leistung bzw. der Output eines Arbeitnehmers bei einer länger dauernden Abwesenheit, wie vorliegend, unabhängig vom Grund insgesamt geringer ausfalle, als wenn die Beschwerdeführerin während des ganzen Jahres 2018 voll gearbeitet hätte. Eine Kürzung erscheine daher sachlich gerechtfertigt.

Nicht gefolgt werden könne der Beschwerdeführerin auch, wenn sie einen Verstoss gegen Art. 3 GlG erkenne. Namentlich sei unbestritten, dass sie während der noch zu beurteilenden Zeit von der 9. bis zur 16. Woche des Mutterschaftsurlaubs von Gesetzes wegen hätte arbeiten dürfen. Die Vorinstanz habe daher zu Recht angenommen, mangels einer entsprechenden vertraglichen Abrede müsse der freiwillige Teil des Mutterschaftsurlaubs von der Arbeitgeberin nicht vergütet werden. Auch angesichts des Anspruchs auf Leistungen aus der Mutterschaftsversicherung sei nicht ersichtlich, inwiefern Mütter gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen in unzulässiger Weise benachteiligt wären. Daran ändere auch die Argumentation nichts, dass wohl nur wenige Mütter ihre Arbeit bereits ab der 9. Woche nach der Niederkunft wieder aufnehmen würde (E. 3.3.1).

Die Vorinstanz habe ferner schlüssig begründe, dass und weshalb der direkte Vorgesetzte der Beschwerdeführerin nicht zur Vertretung der Beschwerdegegnerinnen befugt war und diesbezügliche Zusagen daher unbeachtlich wären. Ohnehin habe der Vorgesetzte mehrfach entsprechende Vorbehalte angebracht (E. 3.3.2).

Auch in Bezug auf die nach Ansicht der Beschwerdeführerin diskriminierend aufgeschobene Festsetzung der Lohnerhöhung per 1. Januar 2019 (anstatt bereits ab April 2018), seien die Erwägungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Nebst der erwähnten fehlenden Vertretungsbefugnis des Vorgesetzten sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Lohnerhöhung gerade nicht “beschlossen” gewesen und eine Lohnerhöhung per Anfang des folgenden Jahres scheine nachvollziehbar. Dies gelte umso mehr, als die Beschwerdeführerin bereits per 1. März 2018 eine Lohnerhöhung erhalten habe und die vorliegend strittige Vereinbarung rund drei Monate später datiert sei als das geltend gemachte Datum der Lohnerhöhung.

Weiter habe die Beschwerdeführerin volle Lohnfortzahlung (zum bisherigen Lohn) während der Abwesenheit und einen Einmal-Bonus von Fr. 10’000.- erhalten. Nach Auffassung der Arbeitgeberin sei damit offensichtlich der Forderung nach einer früheren Lohnerhöhung Rechnung getragen worden. Eine Diskriminierung allein aufgrund der Mutterschaft der Beschwerdeführerin sei nicht dargetan, so das Bundesgericht, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht belegt, dass sie, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, Anspruch auf eine Lohnerhöhung gehabt hätte (vgl. auch E. 3.2.3). Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, ohne Schwangerschaft wäre die Lohnerhöhung bereits früher in Kraft getreten, gehe ihr Vorbringen nicht über eine blosse Behauptung hinaus, welche auch angesichts der Beweislasterleichterung nach Art. 6 GlG (vgl. oben E. 3.1.3) nicht genüge (E.3.3.3).

Gestützt darauf wies das Bundesgericht die Beschwerde ab (E. 4).

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