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7B_1024/2023: Beschwerdelegitimation bei Abtreibung

7B_1024/2023: Beschwerdelegitimation bei Abtreibung

von David Meirich am 26. Juli 2024

Im Urteil 7B_1024/2023 vom 26. Juni 2024 entschied das Bundesgericht über die Beschwerdelegitimation bei einer Abtreibung. Ein Mann hatte seine ehemalige Freundin wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs und weiterer Delikte angezeigt. Nach verschiedenen Untersuchungshandlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Das Kantonsgericht trat auf die Beschwerde des Mannes gegen die Verfahrenseinstellung wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs nicht ein. Der ... weiterlesen

7B_1024/2023: Beschwerdelegitimation bei Abtreibung

von David Meirich am 26. Juli 2024

Im Urteil 7B_1024/2023 vom 26. Juni 2024 entschied das Bundesgericht über die Beschwerdelegitimation bei einer Abtreibung. Ein Mann hatte seine ehemalige Freundin wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs und weiterer Delikte angezeigt. Nach verschiedenen Untersuchungshandlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Das Kantonsgericht trat auf die Beschwerde des Mannes gegen die Verfahrenseinstellung wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs nicht ein. Der Beschwerdeführer machte vor Bundesgericht geltend, er sei als Kindsvater des von seiner Freundin abgetriebenen Fötus als “Opfer” anzusehen und damit in Bezug auf die Einstellung des Strafverfahrens zur Beschwerde zuzulassen (E. 3.1).

Zur Beschwerde gegen die Einstellung eines Strafverfahrens ist berechtigt, wer selber Träger des von der entsprechenden Strafbestimmung geschützten Rechtsguts ist oder wer Angehöriger des Opfers ist: Die geschädigte Person kann als Privatklägerin zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO). Das gleiche Recht steht auch den Angehörigen des Opfers zu, soweit sie gegenüber der beschuldigten Person eigene Zivilansprüche geltend machen (Art. 122 Abs. 2 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist, wer mithin Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Als Opfer gilt die geschädigte Person, die durch die Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 116 Abs. 1 StPO). Machen die Angehörigen eines Opfers Zivilansprüche geltend, so stehen ihnen die gleichen Rechte zu wie dem Opfer (Art. 117 Abs. 3 StPO; E. 3.2).

Art. 118 Abs. 3 StGB stellt einen Schwangerschaftsabbruch nach der zwölften Woche unter Strafe, soweit nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Das geschützte Rechtsgut ist das menschliche Leben während der Schwangerschaft. Einbezogen sind damit Embryonen und Föten bis zu ihrer Geburt (E. 3.3.2). Das durch den Tatbestand geschützte ungeborene Leben besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Wird dieses ungeborene Leben im Mutterschoss durch Schwangerschaftsabbruch beendet, hat es niemals eine solche Persönlichkeit erlangt. Das ungeborene Leben ist deshalb auch kein Opfer im Rechtssinne (E. 3.3.4). Der Beschwerdeführer war somit weder selber Träger des geschützten Rechtsguts noch kann er mangels Opfereigenschaft des ungeborenen Lebens als Angehöriger gelten (E. 3.4).

Gemäss Urteil des Bundesgerichts ist der Erzeuger eines abgetriebenen Fötus demnach nicht berechtigt, die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Mutter wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs mit Beschwerde anzufechten. Er ist nicht Träger des mit der fraglichen Strafbestimmung geschützten Rechtsguts und kann auch nicht als Opfer-Angehöriger gelten, weil dieses ungeborene Leben nie eine eigene Rechtspersönlichkeit erlangt hat. Damit wies das Bundesgericht die Beschwerde des Mannes ab (E. 4).

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