Literatur
Bergamni, Patrik, Haftung des Bergbahnunternehmens bei Sommersport-Unfällen im Einzugsgebiet der Bahn, Diss. St. Gallen 2000; Brehm, Roland, Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Das Obligationenrecht, Allgemeine Bestimmungen, Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen, Kommentar zu Art. 41-61 OR, 2. Aufl., Bern 1998; Bühler, Sophie, Radsport, in: Schneuwly, Anne Mirjam/Strub, Yael Nadja/Koller Trunz, Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Bütler, Michael, Zur Haftung von Werkeigentümern und Tierhaltern bei Unfällen auf Wanderwegen, Sicherheit & Recht 2/2009, S. 106 ff.; Cavegn, Remo, Zur Haftung bei Unfällen auf Mountainbikerouten, in: Fachstelle für Langsamverkehr Graubünden (Hrsg.), Handbuch graubündenBIKE, Chur 2011, S. 1 ff.; Ehrenzeller, Kaspar, Fahrradfahren auf Wanderwegen, AJP 2023, S. 958 ff.; Gaulrapp H./Weber A./Rosemeyer B., Injuries in mountain biking, Knee Surg, Sports Traumatol, Arthrosc 9/2001, S. 48 ff.; Lustenberger, Erik, Die Eigenverantwortung im Alpinismus, in: Klett, Barbara (Hrsg.), Haftung am Berg, Olten 2013, S. 115 ff; Müller, Rahel, Haftungsfragen am Berg, Diss. Bern 2016 (zit. Diss.); dieselbe, Bergsportrecht: Einführung und Grundlagen, in: Schneuwly, Anne Mirjam/Müller, Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar (zit. Bergsportkommentar); Niggli, Alexander Marcel/Probst, Thomas/Waldmann, Bernhard (Hrsg.), Basler Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz, Basel 2014 (zit. BSK SVG-Bearbeiter*in); Widmer Lüchinger, Corinne/Oser, David (Hrsg.), Basler Kommentar zum Obligationenrecht I, 7. Aufl., Zürich 2020 (zit. BSK OR I-Bearbeiter*in); Toneatti, Michael, Wettkampf in den Bergen, in: Schneuwly, Anne Mirjam/Müller, Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar; Zollinger, Marco, Zugang zu den Bergen, in: Schneuwly, Anne Mirjam/Müller, Rahel (Hrsg.), Bergsportkommentar.
Materialien
Botschaft zum Veloweggesetz vom 19. Mai 2021, BBI 2021 S. 1260 ff.; Biken im Wald, Arbeitshilfe 8.2/1, Amt für Wald des Kantons Bern (zit. KAWA, Arbeitshilfe Biken im Wald); Fachdokumentation «Mountainbike-Anlagen» der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), Ausgabe 2019 (zit. bfu Mountainbike-Anlagen); Volkswirtschaftsdepartement/Kantonsforstamt Schwyz, Haftung bei Unfällen auf Wanderwegen – Grundsätze, 2008 (Haftung bei Unfällen auf Wanderwegen – Grundsätze).
I. Allgemeines (öffentliches Recht)
A. Einleitung
Das Radfahren eine vielseitige Sportart, die auf verschiedenste Arten ausgeübt und als klassischer Breitensport bezeichnet werden kann (Bühler, Rz. 1 ff.). Der Radsport unterscheidet das Radfahren auf geteerten Strassen (oft einfach Cycling genannt) und das Mountainbikefahren auf ungeteerten Strassen.
Im Bereich des Mountainbikesports können insbesondere folgende drei Typen der Ausübung unterschieden werden: Mountainbikerouten, Flowtrail und Downhillpisten und Dirt- und Pumptracks. Zur Ausübung auf Mountainbikerouten gehören insbesondere Mountainbiketouren, Singletrails und das Freeriden. Es handelt sich dabei um die häufigste Art des Mountainbikesports welche schweizweit ausgeübt wird. Bei den übrigen Arten der Ausübung handelt es sich um Spezialgebiete. Sie erfordern in der Regel eine spezifische Ausrüstung der Sportler*innen oder künstliche Installationen und werden meist von Betreiber*innen beaufsichtigt. Bei Flowtrails und Downhillpisten werden häufig Lifte oder Bahnen für den Aufstieg verwendet und es sind meist zusätzliche Bauwerke und vordefinierte Strecken vorhanden, welche besondere Sprünge, Kurven und Übergänge enthalten. Solche Trails sind sowohl in Bergen als auch – hauptsächlich – im Wald anzutreffen. Die sogenannten Dirt- und Pumptracks liegen hingegen in spezifisch gebauten Anlagen und Parks (KAWA, Arbeitshilfe Biken im Wald, S. 4).
Der nachfolgende Kommentar befasst sich mit der Sportart Mountainbiken und beschränkt sich auf die Ausübung auf Mountainbikerouten sowie teilweise auf Flow- und Downhillpisten. Zudem beschränkt sich dieser Kommentar auf die private Ausübung und beinhaltet insbesondere nicht die kommerzielle Durchführung von geführten Mountainbiketouren oder Rennen, sowie die Nutzung von Bikeparks.
B. Begriffe
1. Mountainbike
Mountainbikes sind rechtlich von der Definition der Fahrräder (Art. 24 VTS) erfasst. Sämtliche Bestimmungen zu Fahrrädern und deren Nutzung sind für Mountainbikes folglich ebenso massgebend (BSK SVG-Rindlisbacher, Art. 43 N 16).
Mountainbikes unterscheiden sich aber sowohl durch ihr Aussehen als auch ihren Gebrauchszweck von alltäglichen Fahrrädern. Mountainbikes sind aufgrund ihrer grobstolligen Reifen, des typischerweise kleineren Rahmens und der verstärkten Federung besonders geländegängig (Swiss Cycling). Dies führt zu einem Bedürfnis des differenzierten Verständnisses des Begriffs des Fahrrads und des Mountainbikes.
2. Weg
Für den Begriff des Weges gibt es im Gesetz keine Legaldefinition. Es kann davon ausgegangen werden, dass unter dem Begriff des Weges öffentliche Strassen gemäss Art. 1 Abs. 1 SVG (Strassenverkehrsgesetz) zu verstehen sind. Die Bestimmungen des SVG finden somit für die Abgrenzung von Wegen Anwendung (BSK SVG- Rindlisbacher, Art. 43 N 4; insb. für die Abgrenzung von Bikerouten und Wanderwegen siehe nachfolgenden Rz. 50 ff.)
Velowege sind im neuen Veloweggesetz geregelt. Mountainbike-Routen gelten dabei insbesondere als Velowege für die Freizeit (Art. 4 Abs. 2 Veloweggesetz).
C. Anwendbares Recht
Im Bereich des Mountainbikens sind verschiedene öffentlich-rechtliche Gesetze und Normen zu beachten. Insbesondere sind dabei das Veloweggesetz (Veloweggesetz; SR 705), das Strassenverkehrsgesetz (SVG; SR 741.01), die Signalisationsverordnung (SSV; SR 741.21), das Waldgesetz (WaG; SR 921.0) und das Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege (FWG; SR 704) massgebend.
Wer sich mit dem Moutainbike fortbewegt, tangiert eine Vielzahl von Rechtsgebieten. Eine grosse Schwierigkeit in Bezug auf die Nutzung von Wegen (vgl. Rz. 51 ff.) besteht darin, dass die gesetzliche Regelung auf Stufe Kanton erfolgt bzw. die Kantone vom Bund zur kantonalen Umsetzung verpflichtet werden. Dieser Umstand führt dazu, dass insbesondere das Befahren von Wegen in Wäldern und in den Bergen kantonal stark unterschiedlich reguliert ist. Entsprechend ist es für den einzelnen Mountainbiker praktisch unmöglich zu jedem Zeitpunkt zu wissen, welche Vorschriften anwendbar sind. Nachfolgend wird der Fokus auf bundesrechtliche Normen gelegt und nur im Kapitel V. wird vereinzelt auf kantonale Reglungen Bezug genommen.
1. Veloweggesetz
Per 1. Januar 2023 ist das neue Veloweggesetz in Kraft getreten. Dieses Gesetz statuiert unter anderem, dass die Kantone dafür zu sorgen haben, dass die Velowege in der Schweiz zusammenhängend sind (Art. 6 lit. a Veloweggesetz). Wenn es für die Sicherheit des Verkehrs nötig und angebracht ist, sind Velowege getrennt vom motorisierten Verkehr und Fussverkehr zu bauen. Die Velowege müssen einen homogenen Ausbaustandard haben und das Velowegnetz für die Freizeit hat eine hohe Erholungsqualität aufzuweisen (Art. 4 Abs. 1 und Art 6 lit. c-d Veloweggesetz). Als Veloweg für die Freizeit werden insbesondere Mountainbikerouten explizit erwähnt (Art. 4 Abs. 2 Veloweggesetz; BBI 2021 1260 ff, S. 16). Für den Unterhalt sowie für die rechtliche Sicherung der öffentlichen Benutzung hat die zuständige Behörde, vorliegend der Kanton, zu sorgen (Art. 8 Veloweggesetz). Zur Anlage und Erhaltung gehören sowohl der betriebliche wie auch der bauliche Unterhalt sowie die Signalisation (BBI 2021 1260 ff., S. 20). Für die Umsetzung, insbesondere für die Erstellung von Plänen nach Art. 5 Abs. 1 Veloweggesetz, gilt eine Frist von fünf Jahren (Art. 19 Veloweggesetz).
2. Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege (FWG)
Analog zum Veloweggesetz, wird im Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege die Pflicht der Kantone zur Erstellung eines Planes über das Fuss- und Wanderwegnetz sowie dessen Überprüfung und Unterhalt statuiert (Art. 4 und Art. 6 FWG). Kantone haben insbesondere dafür zu sorgen, dass Fuss- und Wanderwege möglichst gefahrlos begangen werden können (Art. 6 Abs. 1 lit. b FWG). Diese Bestimmung ist mit Blick auf die gemeinsame Nutzung von Wanderwegen durch Wandernde sowie Mountainbiker*innen von Bedeutung.
3. Signalisationsverordnung (SSV) (Art. 54a)
Die für Mountainbiker*innen massgebende Norm der Signalisationsverordnung ist Art. 54a. Dieser Artikel lautet wie folgt:
«Art. 54a Wegweiser für Fahrräder und fahrzeugähnliche Geräte
1 Wegweiser mit weisser Schrift auf rotem Grund werden für Fahrräder, Mountainbikes und fahrzeugähnliche Geräte verwendet.
2 (…)
3 Der Wegweiser «Route für Mountainbikes» (4.50.3) kennzeichnet Strecken, die für Mountainbikes besonders geeignet sind, und verpflichtet deren Benützer zu besonderer Rücksicht gegenüber Fussgängern; wo die Sicherheit es erfordert, haben sie Warnsignale zu geben und nötigenfalls anzuhalten.
(…).»
Beispiel Beschilderung:
4.50.3 Wegweiser «Route für Mountainbikes» (Beispiel) (Art. 54a)
4. Waldgesetz (WaG)
Im Abschnitt 3 des Waldgesetzes (Art. 14 und 15 WaG) wird das Betreten und Befahren des Waldes geregelt. Grundsätzlich gilt der freie Zugang zum Wald für alle. Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass der Wald der Allgemeinheit zugänglich ist (Art. 14 Abs. 1 WaG). Die Zugänglichkeit des Waldes kann und muss durch den Kanton dann eingeschränkt werden, wenn dies für die Erhaltung des Waldes oder aufgrund anderer öffentlicher Interessen erforderlich ist (Art. 14 Abs. 2 lit. a WaG). Massgebend sind demnach in den einzelnen Gebieten die kantonalen Waldgesetze und Waldverordnungen.
Das Befahren des Waldes mit Mountainbikes ist somit, im Gegensatz zu Motorfahrzeugen, unter den soeben erwähnten Einschränkungen, grundsätzlich zulässig.
5. Strassenverkehrsgesetz (SVG)
Bei sämtlichen Arten von Fahrrädern handelt es sich um Fortbewegungsmittel, welche am Strassenverkehr teilnehmen. Das Strassenverkehrsgesetz ordnet gemäss Art. 1 Abs. 1 den Verkehr auf öffentlichen Strassen. Abs. 2 besagt zudem, dass sämtliche Verkehrsregeln (Art. 26-57a SVG) für Fahrräder gelten. Fahrräder und entsprechend auch Mountainbikes sind somit explizit vom Geltungsbereich des SVGs erfasst.
Für Mountainbikes stellt insbesondere der Art. 43 Abs. 1 SVG eine zentrale Norm dar. Dieser besagt: «Wege, die sich für den Verkehr mit Motorfahrzeugen oder Fahrrädern nicht eignen oder offensichtlich nicht dafür bestimmt sind, wie Fuss- und Wanderwege, dürfen mit solchen Fahrzeugen nicht befahren werden» (Ausführungen zur Abgrenzung unter Rz. 50 ff.).
Die Haftung von Radfahrer*innen richtet sich jedoch gemäss der Verweisnorm von Art. 70 SVG nicht nach dem Strassenverkehrsgesetz, sondern nach dem Obligationenrecht (siehe dazu Rz. 39 f.).
II. Privatrecht
Mountainbikeunfälle können verschiedene Ursachen haben. Die meisten Unfälle ereignen sich in der Abfahrt und haben ihre Ursache in der Regel in der falschen Einschätzung des Geländes durch Mountainbikefahrer*innen oder in der Überschätzung der Geschwindigkeit. Zusätzlich treten regelmässig Unfälle in Verbindung mit Erschöpfung oder Müdigkeit sowie durch Kollisionen mit Tieren oder anderen Fahrer*innen auf (Gaulrapp/Weber/Rosemeyer, S. 48 ff.).
Aufgrund dessen kommen verschiedene privatrechtliche Haftungsgrundlagen im Mountainbikesport in Betracht.
A. Die Eigenverantwortung von Sportler*innen
Bei der Ausübung des Mountainbikens setzen sich Sportler*innen aufgrund von unebenen Untergründen, steilen Strecken und der demzufolge hohen Geschwindigkeit, einer erhöhten Gefahr von Unfällen und Verletzungen aus. Diese Gefahr ist durch die genannten Faktoren grösser als beim alltäglichen Fahrradfahren auf Velowegen und Strassen. Mountainbiker*innen handeln grundsätzlich eigenverantwortlich und können im Schadenfall nur in speziell gelagerten Fällen eine Drittperson zur Verantwortung ziehen.
Eine Schädigung kann nur dann einer Drittperson zugerechnet werden, wenn diese widerrechtlich oder vertragswidrig erfolgt. Dabei hat der Schaden in einem sogenannten adäquaten Kausalzusammenhang mit einer Handlung des Dritten – der haftpflichtigen Person – zu stehen und setzt ein Verschulden deren voraus. Es findet somit zwischen Mountainbiker*innen und möglichen Drittpersonen eine sog. Risikosphärenabgrenzung statt (Cavegn, Rz. 18; Müller, Diss., Rz. 31).
In den Bergen ist vom Grundsatz auszugehen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Die Eigenverantwortung hat demnach im gesamten Bergsport einen hohen Stellenwert (Lustenberger, S. 116; Müller, Diss., Rz. 31). Im Rahmen der Eigenverantwortung tragen Mountainbiker*innen insbesondere auch das Risiko von Naturgefahren und den üblichen Verhältnissen, die man in den Bergen auf Wanderwegen und ganz allgemein in der Natur vorfindet. Zu den üblichen Verhältnissen zählen insbesondere Unebenheiten des Weges oder Stellen, deren Passage besondere Aufmerksamkeit erfordert sowie witterungsbedingte Veränderungen des Untergrunds. Niemand ist verpflichtet, für die Mountainbiker*innen erkennbare typische Geländeschwierigkeit, welche diese bei pflichtmässiger Sorgfalt meistern können, zu entfernen (bspw. Löcher, Mulden, einzelne Steinbrocken, Wurzeln etc.; siehe Haftung bei Unfällen auf Wanderwegen – Grundsätze, S. 4; Cavegn, Rz. 20).
Von Mountainbiker*innen ist zu erwarten, dass sie die Routen ihren Fähigkeiten und ihrer körperlichen Verfassung anpassen und entsprechend vorbereitet und ausgerüstet sind. Sie haben die gebotene Sorgfalt und Vernunft walten zu lassen und sich während der gesamten Fahrt auf diese zu konzentrieren (Cavegn, Rz. 21). Das Mitführen von Taschenapotheke und Fahrradwerkzeug ist ebenfalls zu erwarten (Bergamin, S. 17).
Die Eigenverantwortung findet insbesondere beim sogenannten Gefahrensatz ihre Grenzen. Mountainbiker*innen sind nicht selbst für atypische Hindernisse oder Gefahren verantwortlich. Um einen gefährlichen Zustand durch atypische Hindernisse oder Gefahren handelt es sich dann, wenn diese selbst mit gehöriger Aufmerksamkeit nicht oder nicht rechtszeitig erkannt werden können. Gemeint sind damit Hindernisse und Gefahren, welche nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht voraussehbar und demnach nicht routenkonform sind. Vor solchen Hindernissen oder Gefahren müssen Mountainbiker*innen entweder geschützt oder zumindest frühzeitig gewarnt werden (Haftung bei Unfällen auf Wanderwegen – Grundsätze, S. 4; vgl. BSK OR I-Kessler, Art. 58 N 15). Wer einen entsprechend gefährlichen Zustand schafft oder unterhält, hat alle erforderlichen und zumutbaren Schutzmassnahmen zu treffen, um die Schädigung von Mountainbiker*innen sowie von Dritten zu vermeiden (BK OR-Brehm, Art. 41 N 201). Erfolgt dies nicht, so haften verantwortliche Dritte – aus dem Gefahrensatz – für den Schaden, der Mountainbiker*innen dadurch entsteht.
B. Haftung aus Vertrag
Die Haftung aus Vertrag ist in Art. 97 OR geregelt. Diese kommt jedoch nicht zum Zuge bei privater Ausübung des Mountainbikens, sondern bei kommerzieller Ausübung in Form von geführten Mountainbiketouren, die Durchführung von Rennen und Nutzung von Bikeparks usw. Für die Haftung bei Wettkämpfen in den Bergen siehe den Beitrag von Toneatti.
C. Werkeigentümerhaftung
1. Werkcharakter
In Art. 58 OR ist die Haftung des Werkeigentümers – als verschuldensunabhängige Kausalhaftung – statuiert.
Einem Wander- und Mountainbikeweg kommt dann Werkcharakter zu, wenn er künstlich gebahnt oder durch Einrichtungen wie Brücken oder Schanzen versehen ist. Es bedarf folglich einer erheblichen Terrainveränderung damit ein Weg einen Werkcharakter erhält (Lustenberger, S. 123). Künstlich gebahnt oder angelegt wird ein Weg grundsätzlich durch erhebliche Abtragungen, Sprengungen oder Aufschüttungen (Müller, Diss., Rz. 77).
Ein Weg, der absichtlich als Mountainbikeroute präpariert wurde, ist durchaus als Werk i.S.v. OR 58 zu betrachten (Haftung bei Unfällen auf Wanderwegen – Grundsätze, S. 12).
2. Allgemeine Haftung (Privatpersonen)
Eigentümer*innen von Werken haften für Schäden, die aus einem Werkmangel entstehen (Art. 58 Abs. 1 OR). Ein solcher Werkmangel liegt dann vor, wenn das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet (BSK OR I-Kessler, Art. 58 N 13; m.w.H.: BGE 130 III 736, 741 f.; 130 III 193, 196). Vorausgesetz ist, dass der Unfall auf mangelhafte Errichtung oder mangelhaften Unterhalt zurückzuführen ist und eine Mangelbehebung zumutbar gewesen wäre (Müller, Diss. Rz. 79 f.). Vorzubeugen sind Mängeln, welche sich direkt aus der Natur des Werkes und seiner normalen Benützung ergeben (Müller, Diss. Rz. 81).
Abzustellen ist auf Zweck und Bestimmung des Werkes. Massgebend ist demnach einerseits die Bezeichnung des Weges – als Wanderweg und oder Mountainbikeweg – und anderseits dessen konkrete Nutzung. Die Einstufung in die Wander- oder auch Mountainbikewegkategorie stellt grundsätzlich auf gute Bedingungen und eine Nutzung bei Tageslicht ab. Die Nutzung bei schlechten Verhältnissen unterliegt vollständig der Eigenverantwortung der Mountainbiker*innen (Müller, Diss., Rz. 82ff.).
Eine Sicherungspflicht des Werkeigentümers besteht jedoch nur, falls und soweit diese verhältnismässig und zumutbar ist (Müller, Diss., Rz. 86). Eine Schranke der Sicherungspflicht des Werkeigentümers stellt demnach die oben erwähnte Eigenverantwortung der Mountainbiker dar (Lustenberger, S. 120; vgl. BSK OR I-Kessler, Art. 58 N 16, m.w.H.: BGer, 15. 1. 2015, 4A_286/2014, E. 5.2). Eine weitere Schranke der Sicherungspflicht stellt die Zumutbarkeit dar (Lustenberger, S. 120). Die Zumutbarkeit – die Frage, was im Einzelfall überhaupt vernünftigerweise verlangt werden kann – bedarf einer Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen. Berücksichtigt werden die Wirksamkeit der Massnahme inklusive deren Kosten und Nachteile sowie die Wahrscheinlichkeit der Gefahr und das Ausmass des zu erwarteten Schadens (BSK OR I-Kessler, Art. 58 N 15a, m.w.H.: BGE 126 III 113, 116).
Dem Werkeigentümer sind Aufwendungen nicht zumutbar, die in keinem Verhältnis zur Zweckbestimmung des Werkes – vorliegend des Wander- und Mountainbikeweges – stehen (BGE 130 III 736 E. 1.3., 742). Zudem kann der Werkeigentümer mit vernünftigen Nutzern rechnen und muss sich nur mit normalen, der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Risiken auseinandersetzen.
3. Haftung des Gemeinwesens
Wie in den zu Beginn erwähnten Gesetzen – Veloweggesetz, Bundesgesetz für Fuss- und Wanderwege, Waldgesetz und Strassenverkehrsgesetz – statuiert wird, ist der Unterhalt des Strassen- und Wegnetzes grundsätzlich eine hoheitliche Aufgabe des Gemeinwesens – vorliegend des Kantons – und gehört dem Verwaltungsvermögen im weiteren Sinne an (BK OR-Brehm, Art. 58 N 164, m.w.H.: BGE 70 II 85/87 f.). Bei den entsprechenden Gesetzestexten handelt es sich um öffentliches Recht. Dennoch knüpft die Rechtsprechung an die zivilrechtliche Eigentümerhaftpflicht an. Ein Schaden, der nicht direkt durch die Ausübung einer hoheitlichen Befugnis verursacht wurde, muss demnach als infolge der Verrichtung einer privatrechtlichen Handlung entstanden betrachtet werden. Die privatrechtliche Kausalhaftungsbestimmung von Art. 58 OR ist somit auch auf das Gemeinwesen anwendbar (BK OR-Brehm, Art. 58 N 165; betreffend das Recht auf Zugang und die grundsätzliche Nutzung von öffentlichen Sachen, wie Wald, Weiden und die Berge, wird auf Zollinger, Rz 4 ff. verwiesen).
Das Gemeinwesen haftet aus Werkeigentum nach Art. 58 OR, falls Anlagen des Verwaltungsvermögens oder im Gemeingebrauch mit Mängeln behaftet sind und Dritte deswegen geschädigt werden. Dies wird durch konstante bundesgerichtliche Rechtsprechung bestätigt (Bütler, S. 113, m.w.H.: BGE 115 II 237 ff., E. 2b; BK OR- Brehm, Art. 58 N 161 ff.). Die Haftungsanforderungen sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei Strassenmängeln nicht sehr streng und noch weniger bei Mängeln an Wander- und Mountainbikewegen. Grund dafür ist die Zweckbestimmung und insbesondere die Zumutbarkeit, welche sich nach öffentlichem Recht richtet (Bütler, S. 113).
D. Verschuldenshaftung
1. Haftung aus Unterhalt einer Mountainbikeroute
Nebst der Haftung aus Werkeigentum i.S.v. Art. 58 OR, ist auch die Haftung der für den Unterhalt des Weges verantwortlichen Person (welche nicht zugleich Eigentümer*in ist) von Bedeutung. Zur Anwendung kommt in dieser Konstellation die deliktische Haftung nach Art. 41 OR. Es handelt sich dabei im Gegensatz zu Art. 58 OR nicht um eine Kausalhaftung, sondern um eine Verschuldenshaftung.
Massgebend ist der bereits mehrfach erwähnte Gefahrensatz, wonach derjenige für Schäden haftet, der einen Zustand schafft oder unterhält, der einen anderen schädigen könnte und zu dessen Vermeidung er verpflichtet wäre (vgl. Lustenberger, S. 118). Besteht eine Pflicht zum Unterhalt eines als Mountainbikeroute angebotenen Weges und wird diese Aufgabe nicht oder bloss mangelhaft erfüllt, so liegt ein objektives Verschulden i.S. des Gefahrensatzes vor. Bei einem Unfall auf einer solchen Strecke greift demnach die Verschuldenshaftung nach Art. 41 OR (Bergamin, S. 150). Zum Wegunterhalt gehören sowohl der laufende Unterhalt als auch der periodische Unterhalt (Bütler, S. 114). Werden zur Erledigung von Unterhaltsarbeiten Drittpersonen – Hilfspersonen – beigezogen, so haftet die unterhaltsverantwortliche Person nach Art. 55 OR kausal für Fehlverhalten und Schäden der Hilfspersonen (Bergamin, S. 150).
Als Konkretisierung des Gefahrensatzes sind sog. Verkehrssicherungspflichten zu werten (Bütler, S. 112). Massgebend für die Haftung gemäss Gefahrensatz ist das Mass an Sorgfalt, auf welches der Verletzte unter den gegebenen Umständen vertrauen konnte und auch musste. Es geht somit beim Gefahrensatz letztlich um den Schutz des berechtigten Vertrauens auf ein Normverhalten (Lustenberger, S. 119).
2. Haftung von Mountainbiker*innen
Art. 70 SVG statuiert: «Radfahrer haften nach Obligationenrecht». Es handelt sich bei dieser Norm um eine Verweisnorm vom SVG ins OR. Beim Fahrrad handelt es sich per Definition um kein Motorfahrzeug. Die Gefährdungshaftung nach Art. 58 SVG findet demnach für Schäden aus Fehlverhalten von Radfahrer*innen keine Anwendung (BSK SVG-Landolt, Art. 70 N 1).
Geschädigte können gegenüber Fahrradfahrer*innen aufgrund der Anwendbarkeit des Obligationenrechts einen Haftungsanspruch unter den Voraussetzungen der Verschuldenshaftung, nach Art. 41 OR, geltend machen (BSK SVG-Landolt, Art. 70 N 4).
Fügen Mountainbiker*innen bei der Ausübung der Sportart einer Drittperson einen Schaden zu – sei es ein Personenschaden durch Verletzung der Person selbst oder ein Sachschaden durch Verletzung von Bauten auf der Route oder auch von Tieren – so sind folglich stets die vier Voraussetzungen nach Art. 41 OR zu prüfen – unerlaubte Handlung, Schaden, Kausalität, Verschulden (absichtlich oder fahrlässig).
III. Strafrecht
Nebst der privatrechtlichen Verantwortung spielt bei Berg- und Sportunfällen auch die strafrechtliche Komponente eine zentrale Rolle. Einschlägig ist dabei vor allem die fahrlässige Körperverletzung (Art. 125 StGB) und die fahrlässige Tötung (Art. 119 StGB).
Die fahrlässige Körperverletzung sowie die fahrlässige Tötung spielen insbesondere in verwandten Themenbereichen wie Bergsportunfällen, Abstürzen, Skiunfällen etc. eine grosse Rolle. Solche Strafprozesse sind für Mountainbike-Unfälle selten (Cavegn, S. 6). Da im vorliegenden Kommentar die kommerzielle Ausübung ausgeklammert wird, sind insbesondere die Erfüllung strafrechtlicher Tatbestände aufgrund der Verantwortung eines Guides etc. ausgeschlossen (zur Beurteilung der strafrechtlichen Fragen im Wettkampf siehe Toneatti, Rz. 87 ff.).
Die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung sind beispielsweise dann zu prüfen, wenn ein Zusammenstoss zwischen Mountainbiker*innen untereinander oder mit Fussgänger*innen geschieht. Die Rechtsprechung hat sich jedoch bislang kaum dazu geäussert bzw. damit auseinandergesetzt.
IV. Sozialversicherungsrecht
A. Allgemeines zur Unfallversicherung
Ein Unfall ist «die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat» (Art. 4 ATSG).
Die gesetzliche Grundlage der Unfallversicherung findet sich grundsätzlich im Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1). Dessen Anwendbarkeit findet dort seine Grenzen, wo das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) ausdrückliche Abweichungen vorsieht (Art. 1 Abs. 1 UVG).
Eine solche Abweichung besteht in der Leistungskürzung oder -verweigerung im Falle einer Unfallherbeiführung durch grobe Fahrlässigkeit (Art. 37 UVG) oder durch ein absolutes oder relatives Wagnis (Art. 39 UVG i.V.m. Art. 50 UVV; siehe dazu die Ausführungen in Müller, Bergsportkommentar, Rz. 65ff.).
B. Wagnis und Grobfahrlässigkeit beim Mountainbiken
Ein absolutes Wagnis ist vor allem dann anzunehmen, wenn eine gefährliche Sportart wettkampfmässig ausgeführt wird (BGE 141 V, 37, 41, E. 4.2.). Ein Abfahrtsrennen mit einem Mountainbike, inkl. Training auf der Rennstrecke, gilt als absolutes Wagnis (Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31. August 2022, E. 4.1.). Hingegen ist die hobbymässige Ausübung der Sportart Mountainbiken kein Wagnis, da beim Mountainbike, im Gegensatz zum Dirt-Biken, keine spektakulären Sprünge unter hoher Geschwindigkeit ausgeführt werden und damit auch kein nicht mehr zu vertretendes Gefährdungspotenzial anzunehmen ist (vgl. BGE 141 V, 37, 41f., E. 4.4.).
Ob es sich bei einem Mountainbike-Unfall um grobe Fahrlässigkeit oder allenfalls sogar ein Wagnis handelt, kann nur im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Beurteilt werden hier die Fahrweise sowie die entsprechenden Fähigkeiten für die Befahrung der konkreten Route (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31. August 2022, E. 2.2.). Demnach ist im Einzelfall zu prüfen, ob die konkreten Umstände den objektiv vorhandenen Risiken und Gefahren angemessen waren. Dies kann beispielsweise durch die Absolvierung eines Fahrtechnikkurses oder langjährige Erfahrung bejaht werden (Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31.08.2022, E. 4.2.1.). Es ist somit zu untersuchen, ob sämtliche Vorkehrungen zur Unfallvermeidung getroffen wurden und keine besondere Gefährlichkeit anzunehmen ist (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31. August 2022, E. 2.2.).
Mountainbike-Routen werden gemäss ihrer Schwierigkeit in blaue (einfache), rote (mittlere) und schwarze (schwere) Pisten eingeteilt (bfu «Mountainbike-Anlagen»). In die Beurteilung, ob ein Unfall durch grob fahrlässiges Handeln oder gar ein Wagnis herbeigeführt wurde, ist miteinzubeziehen, ob es sich um einen erfahrenen Mountainbiker handelt, welcher auch höhere Anforderungen zu meistern vermag (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31.08.2022, E. 4.2.3.). Durch das Bundesgericht wurde beispielsweise ein relatives Wagnis verneint im Falle eines Sturzes eines Mountainbikers auf einer blauen Piste, die seine Fähigkeiten nicht überstieg (BGer Urteil 8C_715/2019 vom 6.10.2020).
V. Zur Nutzung von Wanderwegen durch Mountainbiker
Eine wichtige und teilweise äusserst kontroverse Thematik im Bereich des Mountainbikens ist die Nutzung von Wanderwegen durch Mountainbiker*innen.
Motorfahrzeugen und Fahrrädern ist es verboten, für deren Verkehr nicht geeignete oder offensichtlich nicht dafür bestimmte Wege zu nutzen (Art. 43 SVG). Dieses Fahrverbot (vgl. Art. 5 Abs. 1 SVG) ergibt sich direkt aus dem Bundesgesetz und gilt auch ohne explizite Signalisation (BGE 101 Ia 565, 573 E. 4.b.; BSK SVG-Rindlisbacher, Art. 43, N. 3 und 27). Relevant in Bezug auf die Geeignetheit solcher Wege und die damit mögliche Nutzung durch Mountainbiker*innen ist allerdings, dass diese Norm aus dem Jahr 1958 stammt. In der Zwischenzeit hat sich das Fahrrad und insbesondere das Mountainbike soweit weiterentwickelt, dass technisch versierte und gute Mountainbiker*innen heute praktisch auf allen Wegen fahren können. Es hat somit klar eine Verschiebung betreffend die Geeignetheit stattgefunden, welche so auch von der Bundesstelle für Unfallverhütung aufgenommen und bereits in der Rechtsprechung Eingang gefunden hat. Es kann festgehalten werden, dass beim Fehlen eines konkreten Verbotsschildes die Beurteilung der Eignung oder Bestimmung des infrage stehenden Weges aufgrund äusserlicher Anhaltspunkte wie das Erscheinungsbild, die Anlage und die Funktion durch die jeweiligen Nutzer*innen/Mountainbikefahrer*innen zu erfolgen hat (BSK SVG-Rindlisbacher, Art. 43, N. 5).
Mountainbiker*innen ist es somit erlaubt, sämtliche für Fahrräder erlaubte und geeignete Wege zu nutzen. Durch die besondere Geländetauglichkeit von Mountainbikes erweitert sich der Rahmen der für sie geeigneten Wege wesentlich. Ein generelles Fahrverbot gilt grundsätzlich auf Fusswegen, die als solche signalisiert sind (BSK SVG-Rindlisbacher, Art. 43, N. 6f.). Auf Wanderwegen hingegen gilt ein solches Verbot nicht zum Vornherein und es muss im Einzelfall genau beurteilt werden, ob der Weg für die jeweiligen Mountainbiker*innen geeignet ist (BSK SVG-Rindlisbacher, Art. 43, N. 9ff.).
Mit dem im Jahr 2023 in Kraft getretenen Veloweggesetz wurden die Kantone verpflichtet Wege für Mountainbiker*innen zur Verfügung zu stellen. Das Gesetz bildet die rechtliche Grundlage, welche es den Kantonen erlaubt die Bedürfnisse der Sportler*innen, welche bereits seit langer Zeit bestehen, nun an die Hand zu nehmen und Lösungen zu schaffen.
Bereits vor in Kraft treten des Veloweggesetzes haben sich einzelne Kantone intensiv mit einer Mountainbike-Infrastruktur bzw. einer gesetzlichen Regulierung auseinandergesetzt. In der aktuellen Praxis zeigen sich unterschiedliche Lösungen bei Kantonen und Gemeinden. Vorreiter war der Kanton Graubünden, welcher bereits seit vielen Jahren erfolgreich eine Koexistenz von Wander*innen und Mountainbiker*innen lebt. Auch das Wallis, der Jura, Fribourg und der Kanton Uri mit einem eigenen Bikeweg-Gesetz setzten sich bereits stark mit der Thematik auseinander. Die meisten Kantone haben sich für das Prinzip der Koexistenz zwischen Wandern und Mountainbiken ausgesprochen und haben es bereits oder sind dabei dieses auch gesetzlich zu verankern.
Im Kanton Zürich wurde die Praxis insbesondere durch das sogenannte «Uetliberg-Urteil» des Bezirksgerichts Affoltern am Albis vom September 2022 geprägt, worin das Mountainbikefahren im Wald sowie das dafür anwendbare Recht beurteilt wurde (Bezirksgericht Affoltern ZH, GB220001-A/U/ak, 20.9.2022). Grundsätzlich ist im Waldgebiet das (bundesrechtliche sowie kantonale) Waldgesetz und die Waldverordnung anwendbar. Im erwähnten Urteil wird jedoch zudem der Art. 43 SVG aufgegriffen. Es wird somit festgehalten, dass im Wald sowohl das eidgenössische Strassenverkehrsgesetz als auch das kantonale Waldgesetz zur Anwendung gelangen. Die Befahrbarkeit eines Weges im Sinne von Art. 43 SVG wird vom Bezirksgericht weiter ausgelegt als bisher. Das Gericht begründet diese weite Auslegung durch die Veränderung der Mountainbikes aufgrund technischer Fortschritte. Zudem handle es sich bei Eignung und Bestimmung um unbestimmte Rechtsbegriffe und diese hängen insbesondere mit den persönlichen Fähigkeiten und Erfahrungen der einzelnen Mountainbiker*innen zusammen. Das erwähnte Urteil ist im Kanton Zürich massgebend und erlaubt für Mountainbiker*innen das Befahren von sämtlichen in Karten verzeichneten Wegen, sofern diese nicht explizit mit einem Fahrverbot belegt sind. Die Auswirkungen des Urteils begrenzen sich, aufgrund der darin vorgenommenen neuen Auslegung von Bundesrecht (SVG), nicht allein auf den Kanton Zürich, sondern auf die gesamte Schweiz.
Es kann heute davon ausgegangen werden, dass das Befahren von Wanderwegen grundsätzlich erlaubt ist, wenn der Weg als geeignet betrachtet wird und kein explizites Verbot vorliegt.
Weiterhin gilt jedoch der Grundsatz, dass Mountainbiker*innen, auch auf als Mountainbikeroute gekennzeichneten Wegen, stets Rücksicht auf Fussgänger zu nehmen haben. Es ist demnach auf gemeinsam genutzten Wegen ein genereller Vortritt von Fussgänger*innen gegenüber Mountainbiker*innen zu beachten (vgl. Art. 54a Abs. 3 SSV).