Zwischen Fairplay und Paragrafen: Wie Alessandro Dudic als Schiedsrichter und Anwalt zwei Karrieren erfolgreich meistert
Lawjobs im Interview 28.11.2024 Beiträge

Zwischen Fairplay und Paragrafen: Wie Alessandro Dudic als Schiedsrichter und Anwalt zwei Karrieren erfolgreich meistert

Cedric Frenzer
Cedric Frenzer
Ferhan Osseili
Ferhan Osseili

Der Fussballschiedsrichter und Anwalt erklärt, welche Erfahrungen er aus der Schiedsrichterei in seine Anwaltstätigkeit einbringt, teilt, was JuristInnen von Fussballern lernen können und gibt Ratschläge, wie man zwei Karrieren erfolgreich vereint.


Themen: Schiedsrichter, Anwalt, Fussball, Zwei Karrieren, Balance, Karrieretipps, Schweizerischer Fussballverband (SFV), Protekta.
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Lesezeit: 4 Minuten.

 

Guten Tag Herr Dudic, Sie sind als Fussballschiedsrichter für den  Schweizerischen Fussballverband (SFV)  und die FIFA tätig und haben 2024 den Schweizer Cupfinal geleitet. Weniger bekannt ist, dass Sie daneben erfolgreich als Anwalt bei der  Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG  arbeiten. Könnten Sie uns einen Überblick über Ihren beruflichen Werdegang geben und erklären, wie Sie zu den beiden Karrieren als Schiedsrichter und Anwalt gekommen sind?  

 

Fussball ist, seit ich 5 Jahre alt bin, ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich habe schon früh Fussball gespielt und war stets auf dem Fussballplatz anzutreffen. Mein Vater, der auch Schiedsrichter ist, hat mich dazu animiert, mit 16 Jahren den Fussball-Schiedsrichterkurs zu machen, damit ich mein erstes "Sackgeld" verdienen konnte. Mit 16 Jahren habe ich dann den Kurs gemacht und bin auf diesem Weg zur Schiedsrichterei gekommen.

 

Nach dem Gymnasium war für mich klar, dass ich studieren will. Die Frage war nur, was ich studieren sollte. Schlussendlich habe ich mich zwischen Jus und Wirtschaft dann für das Jus-Studium entschieden und im Anschluss das Anwaltspatent erlangt.

 

So konnte ich die beiden Karrieren gut aufbauen. Während des Studiums war es besonders hilfreich, dass ich nebenbei als Schiedsrichter arbeiten konnte.

 

Was fasziniert Sie am Schiedsrichterwesen und wie gelingt es Ihnen, die Balance zwischen Ihren beiden Berufen als Schiedsrichter und Anwalt zu finden?

 

Am Schiedsrichterwesen fasziniert mich, dass man während 90 Minuten 22 verschiedene Charaktere unter einen Hut bringen muss. Man muss in der Lage sein, ein Spiel zu leiten, Ruhe reinzubringen und schnell entscheiden zu können. Zusätzlich muss man körperlich und mental auf einem hohen Level sein. Das ist ein Ansporn, der mich an diesem abwechslungsreichen Job fasziniert.

 

Die Balance zwischen der Schiedsrichterei und der Tätigkeit als Anwalt finde ich in der Freizeit. Mir ist es wichtig, dass man dort genug Zeit hat, um runterzufahren, sei es in Form von Zeit mit der Familie, mit Freunden oder einfach mal etwas Gutes essen zu gehen oder reisen, wenn man Zeit hat. Natürlich braucht es auch eine gute Organisation, um beide Berufe in Einklang zu bringen.

Der Umgang mit den Fussballspielern, Trainern und Vereinsfunktionären ist eigentlich ziemlich ähnlich wie der Umgang mit den Klienten. In beiden Bereichen ist es wichtig, die persönliche Ebene zu finden – es "menschelt" eben überall. - Alessandro Dudic

Welche Erfahrungen und Fähigkeiten aus Ihrer Schiedsrichterkarriere erweisen sich in Ihrer juristischen Karriere als nützlich? Und umgekehrt, gibt es etwas aus Ihrer juristischen Karriere, das Ihnen als Schiedsrichter geholfen hat?

 

Die wichtigsten Erfahrungen, die ich aus der Schiedsrichterei in meine juristische Karriere einbringe, betreffen den Umgang mit Menschen. Der Umgang mit den Fussballspielern, Trainern und Vereinsfunktionären ist eigentlich ziemlich ähnlich wie der Umgang mit den Klienten. In beiden Bereichen ist es wichtig, die persönliche Ebene zu finden – es "menschelt" eben überall. Es ist hilfreich, wenn man das erkennen und lesen kann. Das sehe ich als einen zentralen Punkt, den ich aus der Schiedsrichterei mitnehmen kann.

 

Ausserdem gibt es gewisse Momente, in denen man sich für einen Weg entscheiden muss und entscheidungsfreudig sein muss. Diese Fähigkeit kann man aus dem Schiedsrichterwesen mitbringen und ist sicher auch für die juristische Karriere von Nutzen.

 

Umgekehrt kann ich aus der juristischen Karriere auch einiges in die Schiedsrichterei hineinbringen. Meiner Meinung nach braucht man in beiden Bereichen eine strukturierte Arbeitsweise und klare Prozesse. Als Schiedsrichter benötigt man strukturierte Abläufe genauso wie im juristischen Bereich – sei es beim Zeigen von Karten, bei Ermahnungen oder im Freistossmanagement.

 

Die klare Struktur im Vorgehen und das saubere Arbeiten sind für mich wesentliche Punkte, die ich aus meiner juristischen Karriere in die Schiedsrichterei einbringen kann.

 

Sie kennen sowohl die Welt des Fussballs als auch die Rechtsbranche. Was könnten Juristinnen und Juristen von Fussballerinnen und Fussballern lernen?

 

Ich würde sagen, Juristinnen und Juristen könnten von Fussballern noch lernen, in bestimmten Situationen etwas unkomplizierter zu sein und auch mal "Es füfi la grad si".
 

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Gab es ein besonderes Spiel oder einen Moment in Ihrer Karriere als Schiedsrichter, der Sie besonders geprägt hat?

 

Ein besonderer Moment ist es für mich immer wieder, den ersten Match in einer neuen Liga zu pfeifen – sei es der erste Match in der Challenge League oder der erste Match in der Super League.

 

Das absolute Highlight war aber sicher der Cupfinal in diesem Jahr. Es ging um viel, das ganze Ambiente war aussergewöhnlich, und man spürte den Druck förmlich. Es war ein riesiges Highlight und ein echtes Privileg, diesen Match leiten zu dürfen. 

 

Als Schiedsrichter unterstützt Sie der VAR bei schwierigen Entscheidungen. Wünschen Sie sich in Ihrem Alltag als Anwalt manchmal auch einen VAR, der alle Details festhält und dokumentiert?

 

Ein VAR für Anwälte scheint ziemlich unvorstellbar. Glücklicherweise gibt es jedoch Bürokollegen und Vorgesetzte, die einem bei der Arbeit etwas über die Schulter schauen können. In diesem Sinne hat man also vielleicht doch einen gewissen VAR.

 

Insgesamt sind das Schiedsrichterwesen und die Anwaltstätigkeit meiner Meinung nach aber doch zwei recht unterschiedliche Tätigkeitsfelder.

 

Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft? Planen Sie, beide Berufe weiterhin zu kombinieren, oder gibt es eine Richtung, in die Sie sich stärker bewegen möchten?

 

Meine berufliche Zukunft sieht momentan so aus, dass ich die beiden Berufe weiterhin kombinieren möchte.  Später wird sich dann zeigen, ob ich dann noch in einer Anwaltskanzlei arbeiten werde oder einen anderen juristischen Weg einschlage.

Wenn man mehrere Leidenschaften gleichzeitig hat, gilt es dranzubleiben. Gleichwohl lohnt es sich nicht, 100 Dinge auf einmal zu machen – weniger ist mehr, dafür jedoch mit umso grösserem Einsatz. - Alessandro Dudic

Welchen Rat würden Sie jungen Juristinnen und Juristen geben, die parallel in verschiedenen Bereichen erfolgreich sein wollen?

 

Ich würde Juristinnen und Juristen, die in verschiedenen Bereichen erfolgreich sein möchten, empfehlen, ihrer Leidenschaft zu folgen. Wenn man mehrere Leidenschaften gleichzeitig hat, gilt es dranzubleiben. Gleichwohl lohnt es sich nicht, 100 Dinge auf einmal zu machen – weniger ist mehr, dafür jedoch mit umso grösserem Einsatz. Sobald man sich für einen Weg entschieden hat, gilt es, wirklich Vollgas zu geben.

 

Vielen Dank für die spannenden Einblick in Ihre Karriere und das Schiedsrichterwesen. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute.

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