Themen: Karriereweg, Jurist, Bundesverwaltungsgericht, Promotion, Gründung, Legal Tech, Weiterbildung.
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Guten Tag Herr Schneeberger, es ist uns eine grosse Ehre Sie als Interviewpartner begrüssen zu dürfen. Könnten Sie uns Ihren Ausbildungsweg zum Rechtsanwalt schildern, insbesondere wie Sie zum Leiter Stab am Bundesverwaltungsgericht geworden sind?
Mein Ausbildungsweg zum Rechtsanwalt begann mit dem Studium von Law & Economics an der Universität St. Gallen, welches ich erfolgreich mit einem Masterdiplom abschloss. Dieses interdisziplinäre Studium kombinierte Rechtswissenschaften mit betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Elementen, was eine fundierte Basis für meine spätere Laufbahn bildete.
Nach meinem Anwaltspraktikum bei der renommierten Kanzlei Bär & Karrer absolvierte ich die Anwaltsprüfung im Kanton Zürich. Zwischen der schriftlichen und mündlichen Prüfung habe ich den Grad des Hauptmanns als Kompaniekommandant bei der Schweizer Armee erreicht.
Anschliessend gründete ich parallel zur Promotion an der Universität Basel ein Unternehmen, das sich auf die digitale Kundenvermittlung spezialisierte. Durch diese vielfältigen Erfahrungen konnte ich meine Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen vertiefen und erweitern.
Später wechselte ich zum Bundesverwaltungsgericht, um mein Portfolio abzurunden. Hierbei arbeitete ich zunächst als Gerichtsschreiber, dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter und war schliesslich als Leiter Stab tätig.
Was hat Sie denn dazu bewegt, Law & Economics zu studieren, zu promovieren und später noch einen CAS in Legal Tech abzuschliessen?
Die Entscheidung, Law & Economics zu studieren, war auf mein Interesse an einer interdisziplinären Ausbildung zurückzuführen, die sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Aspekte abdeckt. Dies ermöglichte mir, ein breites Verständnis der Zusammenhänge zwischen diesen beiden Bereichen zu entwickeln und eine solide Grundlage für meine spätere Karriere zu schaffen.
Die Promotion bot mir die Gelegenheit, mich intensiv mit einem spezifischen Rechtsthema auseinanderzusetzen. Dies war eine spannende intellektuelle Herausforderung, die ein vernetztes und problemlösungsorientiertes Denken voraussetzt – nebst viel Selbstdisziplin. Für mich ist eine kontinuierliche Weiterbildung zentral. Diese soll die bisherigen Denkmuster jeweils kritisch herausfordern und den Horizont erweitern. Sie erlaubt es, sich mit spannenden Personen zu vernetzen und neue Denkimpulse zu gewinnen.
Für mich ist eine kontinuierliche Weiterbildung zentral. Diese soll die bisherigen Denkmuster jeweils kritisch herausfordern und den Horizont erweitern. Sie erlaubt es, sich mit spannenden Personen zu vernetzen und neue Denkimpulse zu gewinnen. - David Schneeberger
Während der CAS in Organisationsentwicklung und Change Leadership mir das methodische Rahmenwerk gestärkt hat, ergänzt der CAS in Legal Tech meine Fähigkeiten im Bereich der digitalen Transformation im Rechtsumfeld.
Sie sind auch Mitgründer von Lexwiki. Wie kam es überhaupt zur Gründung und was war Ihre Motivation dafür?
Die Gründung von Lexwiki wurde durch eine persönliche Erfahrung ausgelöst, bei der ich bemerkte, dass der Zugang zu rechtlichen Informationen häufig schwierig und unübersichtlich gestaltet ist. Aufgrund dieser Erkenntnis war ich motiviert, eine benutzerorientierte Plattform ins Leben zu rufen, welche juristische Inhalte in einer leicht verständlichen und gut strukturierten Form präsentiert. Mein Ziel war es, sowohl Laien als auch Experten einen einfachen Zugang zu rechtlichen Informationen zu ermöglichen, um so eine grössere Transparenz im Rechtswesen zu fördern und Menschen bei der Lösung ihrer rechtlichen Probleme zu unterstützen. Dadurch wird die Transparenz im Rechtswesen gesteigert und eine breitere Öffentlichkeit bei der Bewältigung ihrer rechtlichen Anliegen unterstützt.
Was hat Sie dazu bewegt, ab Mai 2023 Ihren Karriereweg als Generalsekretär an der Uni St. Gallen fortzusetzen?
Die Entscheidung, ab Mai 2023 meinen Karriereweg als Generalsekretär an der Universität St. Gallen fortzusetzen, wurde massgeblich von der attraktiven Chance geprägt, meine erworbenen Kompetenzen im Bereich Recht, Digitalisierung und Krisenmanagement erneut in einer leitenden Funktion einbringen zu können und gleichzeitig wiederum eine gesellschaftlich wertvolle Organisation tatkräftig zu unterstützen. Die Universität St. Gallen ist eine renommierte Institution, und die Möglichkeit, aktiv an ihrer Weiterentwicklung teilzuhaben, war für mich eine sehr reizvolle Perspektive. Sie stellt für mich der nächste logische berufliche und private Schritt dar.
Durch die Stelle als Generalsekretär eröffnen sich mir neue Herausforderungen und Möglichkeiten, meine Expertise in verschiedenen Bereichen einzusetzen und zu erweitern. Ich sehe grosses Potenzial darin, die Uni St. Gallen bei der Umsetzung von strategischen Zielen, der Optimierung von Prozessen und der Steuerung interner und externer Angelegenheiten zu unterstützen. Die Möglichkeit, zur Weiterentwicklung der Universität beizutragen, war eine attraktive Perspektive für mich.
Und wie sah Ihr Arbeitstag als Leiter Stab am Bundesverwaltungsgericht aus?
Als Leiter Stab am Bundesverwaltungsgericht war ich für die Organisationsentwicklung und digitale Transformation verantwortlich. Mein Arbeitstag bestand aus der Leitung und Koordination verschiedener Projekte, Meetings mit internen und externen Stakeholdern und der Optimierung der Gerichtsprozesse. Dabei widmete ich mich sowohl rechtlichen als auch technischen Fragestellungen, um den Zugang zum Recht zu stärken und die Effizienz zu fördern. Darüber hinaus war ich für die Implementierung von Change- und Kommunikationsmassnahmen zuständig, die dazu beitrugen, den Wandel erfolgreich zu gestalten und alle Beteiligten zu integrieren und auf dem Laufenden zu halten.
Was haben Sie an Ihrer Tätigkeit beim Bundesverwaltungsgericht besonders geschätzt?
Eines der Hauptaspekte, die ich an meiner Tätigkeit beim Bundesverwaltungsgericht besonders schätzte, war die enge Zusammenarbeit mit engagierten und fachlich versierten Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen. Diese Zusammenarbeit ermöglichte einen regen Austausch von Ideen und Perspektiven und förderte ein Umfeld des gegenseitigen Lernens und Wachstums.
Darüber hinaus hatte ich die Möglichkeit, aktiv an der Digitalisierung der Justiz mitzuarbeiten und die Verantwortung für wichtige Projekte zu übernehmen, was eine sehr erfüllende und herausfordernde Aufgabe war. Diese Projekte boten Gelegenheiten, mein Wissen und meine Fähigkeiten einzusetzen, um positive Veränderungen im Gerichtswesen herbeizuführen und die Effizienz der Rechtsprechung zu erhöhen.
Ein weiterer Aspekt, der meine Tätigkeit beim Bundesverwaltungsgericht bereicherte, waren die interdisziplinären und mehrsprachigen Gespräche, die im Rahmen meiner Arbeit stattfanden. Diese Gespräche trugen dazu bei, mein Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen und Herangehensweisen zu vertiefen und förderten ein Klima der Offenheit und des Respekts für die Vielfalt.
Insgesamt waren die vielseitigen Erfahrungen und die Möglichkeit, sowohl auf persönlicher als auch auf beruflicher Ebene zu wachsen und mich weiterzuentwickeln, Aspekte, die ich während meiner Tätigkeit beim Bundesverwaltungsgericht besonders schätzte und die meinen beruflichen Werdegang massgeblich geprägt haben.
Inwieweit unterscheidet sich das Bundesverwaltungsgericht als Arbeitgeber von anderen Organisationen?
Das Bundesverwaltungsgericht als Arbeitgeber zeichnet sich durch ein hohes Mass an Fachkompetenz, einen starken Fokus auf Rechtsstaatlichkeit (bzw. die richterliche Unabhängigkeit) und eine unterstützende Arbeitsumgebung aus. Die Arbeit in einem Gericht ist oft geprägt von intensiven Diskussionen und der Suche nach der besten Lösung für komplexe juristische Fragestellungen.
Am Bundesverwaltungsgericht werden diverse Fachgebiete behandelt und dies teilweise letztinstanzlich. Die gesellschaftspolitische Relevanz vieler Fälle bzw. deren Einfluss auf das Leben der Rechtsunterworfenen ist hoch. Umso wichtiger ist die Integrität der Mitarbeitenden und Richter sowie die Effizienz der Abläufe.
Das BVGer ist zudem eine «suisse miniature», da an ihr alle Landessprachen gleichmässig vertreten sind. Die Arbeit in einem mehrsprachigen Umfeld ist herausfordernd, aber gleichzeitig extrem spannend.
Und abschliessend: Welche Ratschläge würden Sie Bewerbenden geben, die eine Karriere an einem Gericht anstreben?
Bewerbern, die eine Karriere an einem Gericht anstreben, empfehle ich, sich sowohl fachlich als auch persönlich gut auf die Herausforderungen vorzubereiten. Dazu gehört eine solide juristische Ausbildung, die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden und die Fähigkeit, mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Arbeitsstilen umzugehen. Ebenso wichtig ist es, ein hohes Mass an Integrität, Verantwortungsbewusstsein und Flexibilität mitzubringen. Darüber hinaus ist es essenziell, über digitale Fähigkeiten zu verfügen und damit moderne Arbeitsweisen anzuwenden bzw. mithelfen, diese gemeinsam zu entwickeln. Die Digitalisierung ermöglicht es letztlich, innovative Lösungen für komplexe rechtliche Fragestellungen zu entwickeln.
Vielen Dank für das Interview Herr Schneeberger, wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Weg.