Sportvermarktung (TV-Rechte, Marketingrechte)

Robin Juchler
Robin Juchler

Zitiervorschlag: Robin Juchler, Sportvermarktung (TV-Rechte, Marketingrechte), in: Anne
Mirjam Schneuwly/Yael Nadja Strub/Mirjam Koller Trunz (Hrsg.), Sportverbandskommentar,
https://sportverbandskommentar.ch/sportvermarktung, 1. Aufl. (publiziert am 13. September 2023).


Kurzzitat: Juchler, Rz. xx.


Literatur

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Materialien

Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen vom 18. Dezember 2002, BBl 2003 1569 ff. (zit. Botschaft RTVG); Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), Radio- und Fernsehverordnung (RTVV), Erläuterungen – Konsolidierte Fassung, Stand 1. Januar 2023 (zit. UVEK, Erläuterungen).

I. Die Bedeutung der Vermarktung für den Sportverband

[1]

Die Vermarktung «seines» Sports ist für einen Sportverband nicht nur zentral, um den Sport und seine Verbreitung oder Bekanntheit zu erhöhen, sondern stellt heutzutage in der Regel auch das wichtigste Finanzierungsmittel dar. Je beliebter Vereine, Wettkämpfe und/oder Veranstaltungen eines bestimmten Sports sind, desto höher ist der Wert der damit verbundenen Marketing- und TV-Rechte. Unternehmen, Privatpersonen oder Staaten möchten zum einen durch ihr Engagement im Sportbereich vom positiven Image profitieren, welches die Gesellschaft dem Sport im Allgemeinen beimisst (Stichwort: Imagetransfer). Zum anderen können sie aufgrund des grossen Interesses an Sportveranstaltungen und ihren Hauptakteuren hohe Aufmerksamkeit generieren (Stichwort: Einschaltquoten).

[2]

Der ökonomische Wert für einen Sportverband, Sportverein oder einen/eine Athleten*in entsteht dadurch, dass ihnen an Namen, Bildern, Filmaufnahmen, Daten etc. originär oder derivativ Rechte gehören. Einnahmen entstehen dadurch, dass diese Rechte wirtschaftlich verwertet werden, indem einem Dritten (z.B. Fernsehsender, Vermarktungsagentur, Sponsor*in) deren Nutzung gegen Entgelt erlaubt wird. Dies kann auf ausschliesslicher bzw. exklusiver Basis oder nicht-exklusiv geschehen (zur Bedeutung der Vermarktungsrechte im Allgemeinen siehe auch Hügi, S. 184 ff. und S. 198 ff.).

[3]

Separate Themen des Sportverbandskommentars sind die in der Praxis wichtigen Sponsoringverträge (Morand, Rz. 1 ff.) sowie die Immaterialgüterrechte (Weber/Huser/Noth, Rz. 1 ff.). Erstere stellen eine bedeutende Einnahmequelle von Sportverbänden, Sportveranstalter*innen und Athlet*innen dar. Letztere sind sowohl von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der originären Rechteinhaberschaft (vgl. nachstehend Rz. 26 ff.) als auch zum Schutz von Vertragspartnern, kommerziellen Werten und der Eigen- sowie Fremdvermarktung (dazu nachstehend Rz. 55.) ganz allgemein. Im vorliegenden Beitrag wird auf diese beiden Themengebiete nur so weit eingegangen, wie für die hier zu behandelnden Aspekte relevant.

II. Grundlagen

A. Definition der Vermarktungsrechte

1. Einleitung

[4]

Unter den Vermarktungsrechten werden die Rechte an einer Sportveranstaltung oder mehreren Sportveranstaltungen (z.B. Meisterschaften, Ligen etc.) verstanden, die kommerziell verwertet werden können (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 315).

[5]

Abzugrenzen sind die Vermarktungsrechte im engeren Sinne von der Vermarktung von Sportwetten, Transferrechten sowie der Athletenvermarktung. Bei diesen Formen der Kommerzialisierung des Sports kann es zwar ebenfalls um bedeutende Einnahmequellen eines Sportverbands oder Sportvereins gehen. Sie werden aber zum einen selten in die vorliegend interessierenden Rechtepakete geschnürt (siehe etwa nachstehend Rz. 16, 64 und 87). Zum anderen unterliegen sie eigenen Regeln.

2. Marketingrechte

a. Übersicht
[6]

Zu den Marketingrechten gehört vor allem das Sponsoring. Im weiteren Sinne können auch Merchandising-, Image- und Namensrechte zu den Marketingrechten gezählt werden.

b. Sponsoring
[7]

Unter Sponsoring kann die Zuwendung von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen eines Unternehmens als Sponsor*in an einen Verein oder Verband, individuelle Athlet*innen oder zugunsten einer Veranstaltung gegen Gewährung von Rechten zur kommunikativen Nutzung der Sponsoringnehmer*innen verstanden werden (Hügi, S. 198 f.). Das Hauptziel eines Unternehmens, das Sponsoringleistungen erbringt, liegt zum einen darin, die positiven Assoziationen des Sports wie Sportlichkeit, Jugendlichkeit, Eleganz, Exklusivität, Dynamik oder Leistungsfähigkeit von den Gesponserten auf den/die Sponsor*in bzw. seine/ihre Marke zu übertragen (Engel, S. 12). Zum anderen wird das Sponsoring genutzt, um den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern.

c. Merchandising
[8]

Merchandising kann definiert werden als lizenzmässige Vermarktung von Logo, Namen und Marken, bei der identifizierende Merkmale auf Produkten abgebildet und verkauft werden, z.B. in Form von T-Shirts, Mützen, Schals, Fahnen, Tassen, Sammelalben oder Poster (vgl. Meyer, S. 305; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 228). Die Merchandisingartikel sollen insbesondere die Identifikation der Käufer (Fans) mit ihrem/ihrer favorisierten Einzelsportler*in, Sportklub, Sportverband oder Event fördern und dabei auch Erträge abwerfen (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 228). So sind Merchandisingartikel zu einer substantiellen Einnahmequelle geworden und lassen Sportverbände, Vereine sowie Sportveranstalter*innen erhebliche Gewinne erzielen (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 257).

[9]

Sportverbände und Vereine verfügen über immer mehr Möglichkeiten, für ihre Fans sog. Memorabilia zu kreieren, neuerdings z.B. auch mittels Non-fungible-Token (NFT). NFTs basieren auf der Distributed Ledger Technology (DLT), bei der ein digitales, dezentral organisiertes Register die Berechtigung an einer Werteinheit ausweist. Ein NFT ist ein einzigartiger kryptographischer Token, der einen physischen oder digitalen Vermögenswert repräsentieren soll (Aref/Fábián/Weber, S. 386 f.; Merhai/Pasquier, S. 53). Entgegen dem weit verbreiteten Narrativ können NFTs zwar in den meisten Fällen nicht als Echtheitszertifikat für digitale Werke dienen, insbesondere weil sie aus rechtlicher Sicht ein vom durch den jeweiligen NFT repräsentierten Vermögenswert (z.B. Bildrecht) weitgehend losgelöstes Eigenleben führen. So ist bei der Erstellung des NFT (beim Minting) kaum überprüfbar, ob das Minting auch tatsächlich von dem/der jeweiligen Rechteinhaber*in durchgeführt wird (Aref/Fábián/Weber, S. 399). Dennoch haben NFT zum Teil einen erheblichen Wert und können sowohl begehrte Fan- als auch Anlageobjekte sein. Immerhin entschärft sich die Problematik der genannten Zweifel beim Minting etwas, wenn die NFT von dem/der Rechteinhaber*in selbst erstellt und verkauft werden (z.B. bieten die Berner Young Boys ihren Fans seit 2021 NFT an).

d. Image- und Namensrechte
[10]

Bei den Image- und Namensrechten ist die Abgrenzung zu den Sponsoringrechten oft fliessend.

[11]

Unter die Namensrechte fällt die Vermarktung des grundsätzlich exklusiven Rechts, eine Spielstätte oder einen Wettkampf zu benennen. Aufgrund der Exklusivität und grossen Sichtbarkeit bzw. Reichweite, kann es sich dabei im Einzelfall um ein wertvolles Vermarktungsrecht mit attraktiven Erträgen handeln. Die Vergabe der (Stadion-)Namensrechte (sog. naming rights) findet in Europa zunehmend Verbreitung und wurde in der Schweiz zunächst vorwiegend von Eishockeyklubs vermarktet (Kolping Arena, PostFinance Arena, St.Galler Kantonalbank Arena, Tissot Arena usw.; vgl. Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 253 sowie Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 236 f.). In den letzten Jahren hat die Vergabe von Stadion-Namensrechten indes auch Verbreitung im Fussball gefunden (Kybunpark, Lidl Arena, Swissporarena, wefox Arena Schaffhausen).

[12]

Bereits seit längerem handelt es sich bei der Vermarktung des Namensrechts an der höchsten Spielklasse im Fussball um eines der lukrativsten Vermarktungsrechte der Swiss Football League (Axpo Super League von 2003 bis 2012, Raiffeisen Super League von 2012 bis 2021, seit 2021 Credit Suisse Super League). Auch andere Sportarten bzw. deren Sportverbände und Sportveranstalter*innen nutzen das Potenzial, das mit der Vermarktung von Namensrechten einhergeht (z.B. Longines League of Nations im Reitsport).

[13]

Durch das Titelsponsoring wird einem Unternehmen das Recht verkauft, den Titel einer Sportveranstaltung für das Unternehmen marketingtechnisch zu nutzen, z.B. Omega European Masters (Golfturnier in Crans-Montana). Das Eventsponsoring hat denn auch erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Gründe liegen in der steigenden Nachfrage der Unternehmen nach einem Auftritt in einem sportlichen Umfeld sowie in den zunehmenden Kosten der Durchführung nationaler und internationaler Sportveranstaltungen. Allein durch Zuschauer- sowie Übertragungseinnahmen sind Sportveranstaltungen häufig nicht (mehr) zu stemmen, so dass sich die Veranstalter*innen durch Sponsor*innen finanziell absichern (vgl. Nagel, S. 56).

3. TV-Rechte bzw. Übertragungsrechte

a. Übersicht
[14]

Zu den wertvollsten Vermarktungsrechten gehören schliesslich die Medien-, Fernseh- bzw. Übertragungsrechte. Soweit nicht explizit anders bezeichnet, werden in diesem Beitrag sämtliche Rechte an der Verwertung von Aufnahmen (Ton, Bild und Nutzung des elektronischen Signals zur Ausstrahlung; vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 132) unter dem Begriff der Übertragungsrechte zusammengefasst.

[15]

Bei der Verwertung von Übertragungsrechten wird einerseits differenziert zwischen Live-Verwertung und Nachverwertungsformen (z.B. Erst- oder Zweitverwertung, News oder Kurzberichterstattungen). Andererseits kann unterschieden werden zwischen Pay-Verwertung (private Sender/Anbieter*innen) und der Ausstrahlung durch öffentlich-rechtliche Sender. Schliesslich können auch Radioberichterstattungsrechte den Übertragungsrechten im weiteren Sinne zugeordnet werden.

[16]

Durch die vermehrte Nutzung neuerer Technologien als den klassischen Fernseher werden bei der kommerziellen Verwertung der Aufnahmen einer Sportveranstaltung vermehrt Pakete von Rechten zur Übertragung über die unterschiedlichsten Medien (TV, Computer, Smartphones, Tablets usw.) geschnürt. Dadurch ist auch die Anzahl an Nachfragenden gestiegen (öffentlich-rechtliche Sender, private Sender, Internetanbieter*innen usw.), was die Wertsteigerung der TV-Rechte in den letzten Jahren zusätzlich begünstigte (zur wirtschaftlichen Bedeutung vgl. Hügi, S.184; Jäggi, S. 116; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 132). Die rasante Entwicklung und Wertsteigerung begann bereits zwischen 1990 und 2002. So sind beispielsweise die Rechte für die Fernsehübertragung der Fussball-Weltmeisterschaft von 1990 (CHF 95 Mio.) bis 2002 mehr als zehnmal teurer geworden (rund CHF 1.3 Mia. für die WM 2002; Botschaft RTVG, S. 1585 Fn. 11). Auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Übertragungsrechte der Champions League sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In der Saison 2017/18 erwirtschaftete die UEFA mit der Rechtevermarktung rund EUR 1.7 Mia. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 170 Prozent gegenüber der Saison 2007/08. Als weiteres Beispiel für die mittlerweile hohen Summen, welche für Übertragungsrechte bezahlt werden, kann die Vergabe sämtlicher TV- und Multi-Media-Plattform-Übertragungsrechte in Europa für die Olympischen Spiele 2018 bis 2024 durch das IOK für EUR 1.3 Mia. genannt werden (NZZ vom 29.06.2015).

b. Live- und Nachverwertungsrechte
[17]

Das Live-Verwertungsrecht bezieht sich auf die Live-Berichterstattung auf verschiedenen Plattformen (TV, Internet), bei der Bild- und Tonsignale eines zur selben Zeit stattfindenden Sportanlasses unmittelbar in Echtzeit übertragen werden. Die zeitlich nachfolgende Nutzung der Signale wird als Nachverwertung bezeichnet. Das Erstverwertungsrecht umfasst die Befugnis zur nachträglichen erstmaligen Verwendung (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 214; Valloni/Pachmann, S. 117 f.; Jäggi, S. 118; Hügi, S. 186).

c. Pay-Verwertung
[18]

Ursprünglich war diese Verwertungsform primär bekannt unter «Pay-TV» im Sinne von Bezahlfernsehen. Aufgrund neuen medialen Verwertungsmöglichkeiten (Internet, Mobile) wird diese Bezeichnung den aktuellen Gegebenheiten nicht mehr gerecht. Heute ist der Empfang von Sendungen in bester Qualität direkt über das offene Internet ohne Receiver (bekannt auch als «Over-the-Top» oder «OTT») möglich. Bekannte Beispiele im Sportbereich sind blue Sport, DAZN, Sky oder Amazon Prime. Es ist zu erwarten, dass OTT-Angebote sowohl in der Zahl der Abonnent*innen als auch umsatzmässig Pay-TV-Angebote überholen werden (Hügi, Quo Vadis, S. 126). Vorliegend wird unter Pay-Verwertung diejenige Ausstrahlungsform verstanden, für deren Empfang – nebst den für den Betrieb des Empfangsgeräts allgemein zu bezahlenden Gebühren – zusätzliche Kosten entstehen (vgl. für den Begriff «Pay-TV» Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 247). Die Pay-Verwertung kommt in verschiedenen Ausprägungen vor, wie etwa Pay-per-View, Pay-per-Month oder Pay-per-Channel. Der Kunde/die Kundin kann die entsprechenden Sportübertragungen nur gegen Bezahlung (für die Dauer eines Abonnements oder pro Sendung auf Abruf) empfangen (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 247; vgl. auch Hügi, S. 186).

[19]

Viele Live-Übertragungen von Sportereignissen werden heute nur noch gegen Gebühr angeboten. Kurzberichterstattungsrechte und Listenregelung beschränken indes die exklusive Vermarktung von Inhalten, die ausschliesslich hinter einer Bezahlschranke verfügbar sind (siehe dazu nachstehend Rz. 94 ff. und 103 ff.).

d. Neue Medien
[20]

Aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach OTT-Angeboten und deren Empfang über mobile Geräte (Laptops, Tablets, Smartphones, Portable Beamer usw.) ist der Einkauf von sog. plattformneutralen Rechten in den Vordergrund gerückt. Medienunternehmen möchten alles aus einer Hand anbieten und entsprechend auch alle lizenzierten Rechte plattformneutral nutzen (Jäggi, S. 118; vgl. auch Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 214).

[21]

Die Popularität von Sportler*innen, Sportverbänden und -vereinen sowie Sportveranstaltungen wird auch durch entsprechende Computerspiele genutzt. Um eine realistischere Erfahrung zu bieten, werden dabei häufig reale Personen, Organisationen und Wettbewerbe verwendet. Davon zu unterscheiden sind E-Sports-Teams und -Wettkämpfe. E-Sport kann als «das wettbewerbsmässige Spielen von Computer- oder Videospielen im Einzel- oder Mehrspielermodus» bezeichnet werden (Kainz/Haupt/Werner/Seitz, S. 154). Bislang ist ESport in der Schweiz noch nicht offiziell als Sport anerkannt (siehe https://esports.ch/library/esport-kaempft-um-anerkennung/; vgl. auch Graham, Rz. 1 ff.). Trotzdem sind E-Sports-Teams für Sponsor*innen bereits heute von Interesse und werden von Sportvereinen unter anderem zur Fan-Bindung genutzt (vgl. Hügi, Quo Vadis, S. 129).

e. Live Ticker und Radioberichterstattung
[22]

Nebst der bildlichen Übertragung erfolgt die Berichterstattung zu Sportereignissen häufig auch mittels Live-Ticker und Radioberichterstattung. Bei beiden wird entweder in Textform (Live-Ticker) oder mittels Hörfunktechnik (d.h. Radio) über das aktuelle Spielgeschehen laufend und in kurzen Abständen berichtet (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 213 f. und S. 264).

4. Veranstaltungs- und Werberechte, Zugangs- und Hospitalityrechte sowie Sportdaten

[23]

Schliesslich können auch Veranstaltungsrechte (z.B. das Recht, eine Veranstaltung unter dem Schirm eines Sportverbandes durchzuführen), Werberechte (z.B. Bandenwerbung im Stadion) sowie Zugangs- und Hospitalityrechte (z.B. Tickets, Lounges usw.) zu den Vermarktungsrechten gezählt werden, zumal sie in der Vermarktungsstrategie eines Sportverbands ebenso eine zentrale Rolle spielen können.

[24]

Weiter generieren vor allem die Sportwettindustrie, aber auch Medienunternehmen bedeutende Umsätze und Gewinne mit Sportdaten (vgl. auch Onzek, S. 292). Zu den Sportdaten gehören insbesondere Spielpläne, Aufzeichnungen über den Verlauf eines Wettkampfs (Spieldaten) und Spielerstatistiken (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 250). Unterschieden werden kann etwa zwischen sog. Fixtures (Spielansetzungen für Sportligen, in denen festgelegt wird, welche Mannschaften/Athlet*innen sich wann und an welchem Ort begegnen) und Live-Daten (Daten, die während eines Sportevents gesammelt und sofort verarbeitet werden, wie z.B. Spielstände, Rote und Gelbe Karten, Spielerwechsel). Sportverbände können bestrebt sein, an den auf Sportdaten basierenden Gewinnen zu partizipieren. Dies soll dadurch geschehen, dass für die Nutzung der Sportdaten ein Entgelt gefordert wird. Fraglich ist jedoch, ob eine solche Entgeltlichkeit überhaupt durchgesetzt werden kann (siehe dazu nachstehend Rz. 44 sowie zum Ganzen Onzek, S. 292 ff. und Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 250 ff.).

[25]

Im Vergleich zu den vorstehend beschriebenen Marketing- und Übertragungsrechten unterliegen diese Vermarktungsrechte eigenen Regeln, deren Erläuterung den Rahmen des vorliegenden Beitrages sprengen würde.

B. Inhaber*innen dieser Rechte

1. Sportverband als originärer Inhaber

a. Übersicht
[26]

Rechteinhaber*in an einem verwertbaren Recht kann eine natürliche oder juristische Person sein. Der/die originäre Rechteinhaber*in steht an erster Stelle in der Verwertungskette. Weil niemand mehr Rechte übertragen kann, als er oder sie besitzt, ist es für die Rechteübertragung im Einzelfall wichtig zu wissen, wem genau die originäre Rechteinhaberschaft an dem infrage stehenden Vermarktungsrecht zukommt (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 268 f.). Häufig ist dies nicht einfach zu bestimmen und es kommen – nicht zuletzt aufgrund der pyramidalen Struktur des Sports und der Beteiligung mehrerer Personen an einer Sportveranstaltung – mehrere (Teil- bzw. Mit-)Inhaber*innen infrage. Teilweise sehen die Sportverbände in ihren Regelwerken explizit vor, wer Rechteinhaber*in an einem sportlichen Wettbewerb ist bzw. sein soll (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 268 f.). So bestimmt die FIFA in ihren Statuten, dass die FIFA, ihre Mitgliedsverbände und die Konföderationen originäre Eigentümer aller Rechte sind, welche an den Wettbewerben und sonstigen Veranstaltungen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, entstehen können (Art. 66 Ziff. 1 der FIFA-Statuten). Dabei wird jedoch in erster Linie «bloss» eine derivative Inhaberschaft geschaffen (dazu nachstehend Rz. 45 ff.), weshalb es immer wieder zu Streitigkeiten kommt.

[27]

Die originäre Inhaberschaft leitet sich – je nach Vermarktungsrecht – aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ab (z.B. Eigentum/Besitz, Hausrecht, Namensrecht, Markenrecht, Urheberrecht oder Lauterkeitsrecht), bei deren Verletzung der/die Rechteinhaber*in Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche geltend machen könnte. Indem sie für die Verwertung ihrer Rechte auf die Geltendmachung dieser Ansprüche (z.B. entgeltlich) verzichten kann, ergibt sich ihre originäre Rechteinhaberschaft (Hügi, S. 187; vgl. auch Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 218). Die Verwertung erfolgt in der Regel mittels eines Lizenzgeschäfts (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 268; Hügi, S. 187).

b. Bei den Marketingrechten
[28]

Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Marketingrechten (vorstehend Rz. 6 ff.) kann keine allgemeingültige Aussage zur Inhaberschaft gemacht werden. Die originäre Rechteinhaberschaft beurteilt sich anhand der jeweiligen Rechtsgrundlage bzw. den zugrundeliegenden Schutzrechten.

[29]

Beim Sponsoring besteht die Leistung der Sponsoringnehmer*innen meistens in bestimmten Handlungen (z.B. Veranstaltungsdurchführung mit Hinweis auf den/die Sponsor*in) oder in der Einräumung von (Nutzungs-)Rechten mittels Lizenzierung von Marken, Namen und Bezeichnungen (vgl. Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 258). Letzteres geschieht auch beim Merchandising und der Einräumung von Image- und Namensrechten. Originäre Inhaber*in dieser Rechte ist demnach jeweils der/die Inhaber*in der Marke (Markenregister), des Urheberrechts, des Namens (Firma, Persönlichkeits- oder Namensrecht) oder der/die Eigentümer*in/Mieter*in des Objekts (Stadion, Werbefläche). Die Sportveranstalter*innen (zur Definition siehe nachstehend Rz. 36) verfügen über originäre Vermarktungsbefugnisse hinsichtlich der Veranstaltung, soweit es sich nicht um Rechte und Rechtsgüter handelt, die originär Dritten zustehen, wie z.B. die Nutzung der Sportgeräte und Sportbekleidung zu Werbezwecken sowie die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Athlet*innen (Nagel, S. 59).

[30]

Grössere Sportverbände verfügen oft über ein umfassendes Markenportfolio. Sie lassen zahlreiche Wortmarken, Wort-/Bildmarken oder reine Bildmarken im Markenregister hinterlegen. Weiter sind Sportverbände häufig Inhaber von Eventmarken (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 235). Sie haben als Vereine i.S.v. Art. 60 ff. ZGB im Unterschied zu Handelsgesellschaften und Genossenschaften keine Firma, sondern wie natürliche Personen einen Namen. Der Namen eines Sportverbandes ist im Sinne eines Persönlichkeitsrechts (Art. 29 ZGB) geschützt (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 236). Verbandslogos und andere Bestandteile der Corporate Identity wie etwa Websites können urheberrechtlich geschützt sein, sofern die erforderliche Individualität vorliegt, und zwar kumulativ zum allenfalls bestehenden marken-, design- oder lauterkeitsrechtlichen Schutz (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 237).

[31]

Lauterkeitsrechtliche Schutzmechanismen können ebenfalls dazu dienen, die kommerziellen Rechte eines Sportverbands bzw. an einem Sportereignis erfolgreich zu vermarkten bzw. die vertraglichen Sponsoringpartner*innen zu schützen (Hügi, S. 209 ff.). Der lauterkeitsrechtliche Schutz der Sportvereine und Sportverbände kann neben den immaterialgüter- und den persönlichkeitsrechtlichen Schutz treten. Von praktischer Bedeutung ist insbesondere der wettbewerbsrechtliche Kennzeichen- und Leistungsschutz in Art. 3 Abs. 1 lit. d und e sowie Art. 5 UWG, der – dem Immaterialgüterrecht insoweit vergleichbar – eine geschützte Rechtsposition verschaffen kann (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 238), woraus sich die originäre Rechteinhaberschaft von Marketingrechten ableiten lässt.

c. Bei den Übertragungsrechten
[32]

Die originäre Inhaberschaft an Übertragungsrechten richtet sich grundsätzlich nach nationalem Recht. Für Sportverbände und Sportveranstaltungen in der Schweiz demnach nach Schweizer Recht. Ein eigentliches Eigentum an den Übertragungsrechten im Sinne von Sachenrechten gemäss Art. 641 ff. ZGB besteht in der Schweiz nicht (Valloni/Pachmann, S. 116; Jäggi, S. 121 und S. 123). Auch aus dem Immaterialgüterrecht kann grundsätzlich kein Rechtsschutz für die Übertragungsrechte an der Sportveranstaltung als solche abgeleitet werden. Es muss auf verschiedene allgemeine immaterialgüter-, lauterkeits-, besitzes- und vertragsrechtliche Schutzmechanismen zurückgegriffen werden (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 241; vgl. auch Hügi, S. 187 und Valloni/Pachmann, S. 116 f.).

[33]

Nach schweizerischem Rechtsverständnis sind die Veranstalter*innen des Sportereignisses als originäre Rechteinhaber*innen der Übertragungsrechte zu betrachten (Jäggi, S. 121 f.; von Senger/Würmli, S. 299; Hügi, S. 187 und S. 193; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 319). Die Teilnehmer*innen bzw. Sportler*innen sind in der Regel keine originären Teilhaber*innen der Übertragungsrechte und können höchstens derivative Ansprüche haben (dazu nachstehend Rz. 45 ff.; Jäggi, S. 128 m.w.H.; vgl. auch von Senger/Würmli, S. 296 ff.).

[34]

Dem/der Veranstalter*in als Eigentümer*in oder Mieter*in der Austragungsstätte (z.B. Stadion) steht namentlich die Ausübung des Hausrechts zu. Letzteres fusst auf dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 BV), eigentums- und besitzrechtlichen Befugnissen (Art. 641 und Art. 926 ZGB) sowie dem strafrechtlichen Schutz des Hausfriedens (Art. 186 StGB; Hügi, S. 193). Gestützt auf das Hausrecht kann der/die Veranstalter*in den Zutritt zum Veranstaltungsort erlauben, verbieten oder ihn an Bedingungen knüpfen. Zum Zwecke der Herstellung des für die mediale Verwertung zentralen Bild- und Tonmaterials, erlaubt der/die Veranstalter*in einem Fernsehsender oder einem/einer Produktionsdienstleister*in den Zutritt (sog. host broadcaster; Hügi, S. 187 und S. 191; vgl. auch Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 258). Den übrigen Veranstaltungsbesucher*innen verbietet der/die Veranstalter*in zum Schutz seiner/ihrer Medienpartner*innen in der Regel mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen gewerbsmässige Bild- und Tonaufnahmen (Hügi, S. 194). Fraglich ist, ob das Hausrecht auch einen genügenden Schutz bezüglich Live-Ticker und Radioberichterstattung bietet und ob diese Formen der Berichterstattung somit lizenzpflichtig sind. Dies erscheint zwar nicht abschliessend geklärt, wird aber grundsätzlich bejaht (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 213 f. und S. 264), wobei die Durchsetzbarkeit eines Verbots bzw. einer Lizenzpflicht mindestens in Bezug auf Live-Ticker-Berichterstattungen schwierig sein dürfte (z.B. wegen technischen Herausforderungen sowie Fragen der Meinungsfreiheit und Zugänglichkeit).

[35]

Die Sportveranstaltung selbst gilt nicht als Werk im Sinne von Art. 2 Abs. 1 URG (Hügi, S. 194; Valloni/Pachmann, S. 116 f.; siehe auch für das europäische Recht, die Umsetzung in Deutschland Bischoff, S. 61 ff.). Deshalb lässt sich die originäre Inhaberschaft an Übertragungsrechten nicht aus dem Urheberrecht ableiten. Hingegen kann die unberechtigte Bild- und Tonaufnahme einer Sportveranstaltung und anschliessende kommerzielle Verwertung unlauter sein (Jäggi, S. 124; Hügi, S. 198). Dies gilt vor dem Hintergrund, dass der/die Veranstalter*in sämtliche Kosten und Risiken trägt und damit eine Arbeit verrichtet, deren Ergebnis ihm/ihr gehört. Wenn also ein Medium die Sportveranstaltung überträgt, ohne dazu berechtigt zu sein und ohne eine Gebühr entrichtet zu haben, nutzt es eine fremde Leistung in einer Art und Weise aus, die gegen Art. 5 lit. c UWG verstossen kann (Jäggi, S. 124; a.A. Osterwalder, S. 128).

[36]

Im Allgemeinen bezieht sich die Definition eines Veranstalters bzw. einer Veranstalterin auf die natürliche oder juristische Person, die für die Organisation und Finanzierung der Veranstaltung verantwortlich ist, die Vorbereitung und Durchführung übernimmt und das unternehmerische Risiko trägt (Tännler/Haug, S. 139; vgl. auch Jäggi, S. 119 ff.; Nagel, S. 59; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 319). Häufig übernehmen Verbände oder Vereine die Rolle des direkten oder indirekten Veranstalters von Sportereignissen. So ist etwa ein Fussballverein direkter Veranstalter eines Heimspiels in seinem Stadion. Grundsätzlich können auch der Gastverein, welcher an der Organisation einen nicht unwesentlichen Anteil nimmt (Marketing, Verkauf der Eintrittstickets, Transportorganisation etc.) sowie der Verband, unter dessen Schirmherrschaft die Sportveranstaltung stattfindet, als direkte Veranstalter bezeichnet werden, wenn sie die Organisation der Sportveranstaltung übernehmen (Jäggi, S. 120; vgl. auch Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 319 sowie von Senger/Würmli, S. 299 ff.). Das typische Beispiel ist die Fussballweltmeisterschaft, die von der FIFA organisiert wird (vgl. von Senger/Würmli, S. 304).

[37]

Ein Dachverband ist dann als indirekter Veranstalter zu betrachten, wenn dieser die Veranstaltung nicht direkt organisiert. In dieser Rolle beschränkt sich der Verband auf eine administrative Funktion: z.B. Gesamtplanung des übergeordneten Wettbewerbs (Liga, Meisterschaft), Festlegung des Zeitplans, Vergabe von Lizenzen, Bestrafung von Regelverstössen, Zurverfügungstellen von Schiedsrichter*innen usw. (vgl. Jäggi, S. 120, Nagel, S. 59).

[38]

Ein Sportverband kann als indirekter Veranstalter dennoch ein Mitveranstalter und originärer Rechteinhaber der betreffenden Veranstaltung bleiben. Der Verband ist oftmals ein entscheidender Akteur, der dem Wettbewerb, dessen Rechte vermarktet werden, einen Mehrwert verleiht. Die Rolle, die der Verband bei der Organisation der Veranstaltung im Einzelnen spielt, ist häufig zweitrangig. So haben die Übertragungsrechte für einen Wettbewerb, der im Namen eines anerkannten Verbandes (FIA, FIFA, UEFA) durchgeführt wird, denn auch regelmässig einen höheren Marktwert, als diejenigen, die ausserhalb eines solchen Verbandes stattfinden. Es besteht dann, aufgrund des generierten Mehrwertes, originäre Mitinhaberschaft (vgl. Jäggi, S. 120 und S. 127; von Senger/Würmli, S. 302 ff.; Summerer, S. 486). Es kann jedoch nur im Einzelfall beurteilt werden, ob der Dachverband tatsächlich einen diesen Schluss zulassenden Mehrwert geschaffen hat. Der Umfang des eigenen organisatorischen Beitrags zur infrage stehenden Sportveranstaltung bestimmt das Ausmass der jeweiligen Vermarktungskompetenz (Tännler/Haug, S. 139; vgl. auch Summerer, S. 485).

[39]

Dachverbände, welche nicht selbst (direkte) Veranstalter sind, unter deren Schirmherrschaft die Veranstaltung aber stattfindet, lassen sich unabhängig von ihrer gegebenenfalls originären Stellung in der Regel mindestens gewisse (Übertragungs-)Rechte mittels Verbandsregularien übertragen (siehe vorstehend Rz. 26; nachstehend Rz. 45 f., 50, 52 sowie 71). Nichtsdestotrotz kommt es immer wieder zu Streitigkeiten darüber, wem die Rechte (originär) zustehen.

d. Bei den Veranstaltungs- und Werberechten, Zugangs- und Hospitalityrechten sowie Sportdaten
[40]

Wie bei den Marketingrechten muss für diese Kategorie der Vermarktungsrechte im Einzelnen geprüft werden, wie die betreffende Rechtsposition geschützt ist, woraus dann die originäre Rechteinhaberschaft abgeleitet werden kann.

[41]

Bei Titeln von Veranstaltungen spielen namens-, marken- und persönlichkeitsrechtliche Aspekte eine Rolle, z.B. des Sportverbands, unter dessen Schirmherrschaft diese durchgeführt werden soll. Das Markenrecht bietet ein wirkungsvolles Ausschliesslichkeitsrecht gegen die Verwendung identischer oder ähnlicher Zeichen (Art. 13 i.V.m. Art. 3 MSchG). Als Eventmarken gelten Marken, die ein bestimmtes Ereignis symbolisieren oder auf eine bestimmte Veranstaltung hinweisen (Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 241 f.). Der Sportverband als Markeninhaber kann die Verwendung dieser Marken ausschliesslich lizenzierten Veranstalter*innen, Vereinen und/oder Sponsor*innen vorbehalten.

[42]

Bei den Werberechten ist zu unterscheiden, «worauf» Werbung gemacht wird. Häufig ist der/die Eigentümer*in/Besitzer*in des Werbeobjekts (z.B. Stadionbande, Sportgeräte, Trainings- und Wettkampfkleidung) auch originärer/originäre Inhaber*in des Werberechts. Zu beachten sind dabei insbesondere die Persönlichkeitsrechte der Sportler*innen, welche die Sportgeräte oder -kleidung tragen (vgl. Nagel, S. 58 f.).

[43]

Die Zugangs- und Hospitalityrechte leiten sich aus dem Hausrecht ab. Originäre Rechteinhaber*in ist daher in der Regel der/die Veranstalter*in (siehe vorstehend Rz. 34 und 36 sowie Hügi, S. 216).

[44]

Umstritten ist, ob Sportdaten immaterialgüterrechtlichen Schutz geniessen. Zur Ableitung der originären Inhaberschaft an Sportdaten ist die Beantwortung dieser Frage indes zentral. Dank den Immaterialgüterrechten können Sportverbände kommerziell interessante Bedingungen durchsetzen, indem sie unter Verbotsrechte fallende Handlungen erlauben (so auch zur allgemeinen Bedeutung der Immaterialgüterrechte in der Sportvermarktung Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 218). Spiel- oder Trainingspläne, Spieldaten und Spielerstatistiken sind als solche in der Regel nicht immaterialgüterrechtlich geschützt. Sog. Fixtures (vorstehend Rz. 24) können urheberrechtlichen Schutz geniessen, sofern sie die dafür erforderliche Individualität besitzen (vgl. Art. 2 Abs. 2 URG), wobei diese nur ausnahmsweise bei besonderer Gestaltung in Frage kommt. Denkbar ist auch, dass sie und andere Produkte nach Art. 5 lit. c UWG lauterkeitsrechtlich geschützt sind, wenn sie für sich genommen wirtschaftlich verwertbar sind und unmittelbar und ohne angemessenen eigenen Aufwand übernommen werden (vgl. auch vorstehend in Bezug auf Übertragungsrechte Rz. 35; zum Ganzen Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 250 ff. m.w.H.; vgl. auch zum kaum griffigen Schutz der kommerziellen Nutzung von Live-Statistiken Martin, S. 207 ff.).

2. Derivative Inhaber

a. Übersicht
[45]

An der Ausrichtung einer Sportveranstaltung sind meistens mehrere Verbände, Vereine und weitere Organisationen beteiligt. Die originäre Inhaberschaft kommt gerade bei Übertragungsrechten häufig mehreren Vereinen, dem übergeordneten Verband sowie weiteren Beteiligten (z.B. Eigentümer*in der Austragungsstätte) in unterschiedlicher Ausprägung zu und es besteht Mitinhaberschaft (vorstehend Rz. 33 ff.; Von Senger/Würmli, S. 305 f.). Insbesondere im organisierten Sport, unter dessen Obhut die bedeutsamsten Veranstaltungen stattfinden, ist in den Verbandsstatuten regelmässig vorgeschrieben, dass eine Veranstaltung nicht ausserhalb der Verbandsorganisation vergeben werden darf bzw. zumindest ein nationaler oder regionaler Verband oder Verein beteiligt werden muss (Tännler/Haug, S. 139).

[46]

Die originären Rechteinhaber*innen können, basierend auf ihrer Rechtsstellung, ihre Rechte (bzw. der Verzicht auf deren Geltendmachung, vgl. vorstehend Rz. 27) vertraglich (in der Regel mittels Lizenzvertrag) übertragen. Die Begünstigten werden dann derivative Rechteinhaber*innen. Die Wirkung solcher Übertragungen ist obligatorischer Natur. In der Praxis bedeutsam ist die Möglichkeit, Verbandsmitglieder, d.h. die Vereine, in den Verbandsstatuten (d.h. mitgliedschaftlich) zu verpflichten, Vermarktungsrechte an den Verband abzutreten (siehe zur Zentralvermarktung nachstehend, Rz. 66 ff.).

[47]

In der Praxis kann Uneinigkeit darüber bestehen, wer letztlich zur Vermarktung von Vermarktungs-, insbesondere Übertragungsrechten berechtigt, also derivativer bzw. derivative Rechteinhaber*in ist. Im Rechteverwertungsgeschäft sind strittige Verhältnisse an der Verwertungsberechtigung jedenfalls nicht selten, weil letztlich auch die Vermarktungsagenturen in einem starken Konkurrenzkampf zueinanderstehen (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 268; siehe zu den Vermarktungsagenturen im Besonderen nachstehend Rz. 59 ff.).

b. Marketingrechte
[48]

Unproblematisch ist die Übertragung von Vermarktungsrechten durch den/die Eigentümer*in des Objekts (z.B. Stadion, Werbefläche) oder den/die Inhaber*in des Immaterialgüterrechts (z.B. Marken-, Urheber- oder Namensrecht). Der/die Eigentümer*in oder Inhaber*in kann seine/ihre Vermarktungsrechte an den/die Veranstalter*in, den Verband oder Verein, Sportler*innen oder Unternehmen bzw. Sponsor*innen vertraglich übertragen und damit diesen die kommerzielle Verwertungsbefugnis einräumen (vgl. Nagel, S. 59; Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 253 f.). Die Rechteübertragung bzw. Einräumung von Nutzungsbefugnissen ist komplexer, wenn es um Persönlichkeitsrechte geht, insbesondere diejenigen der Sportler*innen. Wenn der Verband beispielsweise Trikotwerbung betreiben will, benötigt er auf jeden Fall die Zustimmung der Sportler*innen, weil das Tragen von Werbung am Körper deren allgemeines Persönlichkeitsrecht berührt (Nagel, S. 59 f.). Diese Zustimmung kann etwa über vorgeschriebene Standardarbeitsverträge oder verbandsinterne Regularien geschehen (siehe dazu nachstehend Rz. 52 sowie 113).

c. Übertragungsrechte
[49]

Auch die Nutzungsrechte an den Übertragungsrechten können von deren Inhaber*in (vorstehend Rz. 32 ff.) vertraglich übertragen werden (vgl. Jäggi, S. 122; Hügi, S. 187; Anthamatten-Büchi/Staub/Vasella, S. 258), womit die berechtigte Person derivative Inhaberin der Verwertungsbefugnis wird.

[50]

Wenn ein Verband oder Verein (Mit-)Veranstalter eines Sportereignisses ist, hat er originäre Inhaberschaft an den Übertragungsrechten (siehe vorstehend Rz. 34 ff.). In allen anderen Fällen und auch, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sichern sich Sportverbände und auch deren Mitgliedsvereine in der Regel vertraglich und statutarisch ab, indem sie sich zumindest einen Teil der Nutzung bzw. Verwertung dieser Rechte abtreten lassen (siehe dazu insbesondere Rz. 52, 71 sowie 111). Auf der einen Seite können Mitinhaber*innen – vorbehaltlich übermässiger Bindung (Art. 27 ZGB) – vertraglich oder statutarisch auf die Vergütung bzw. Nutzung ihnen zustehender Rechte verzichten. Auf der anderen Seite sind blosse Teilnehmer*innen einer Sportveranstaltung, d.h. Sportler*innen, in der Regel keine originären Inhaber*innen von Übertragungsrechten und können daher, wenn überhaupt, nur einen derivativen finanziellen Anspruch haben, d. h. auf der Grundlage einer vertraglichen oder statutarischen Vereinbarung (vgl. Jäggi, S. 128 f. sowie S. 130).

3. Zwischenfazit oder «Was müssen Verbände beachten?»

[51]

Verbände sollten in einem ersten Schritt prüfen, welche Rechte ihnen originär zustehen. In einem zweiten Schritt sollten sie sicherstellen, dass ihnen die erforderlichen (Nutzungs- bzw. Verwertungs-) Rechte an den Sportereignissen, die sie vermarkten möchten und die ihnen nicht ausschliesslich originär zustehen (d.h. «bloss» Mit- oder Drittinhaberschaft), derivativ übertragen werden. So können sie diese Rechte bzw. deren Nutzung (entgeltlich) rechtssicher an Dritte weitergeben.

[52]

Die derivative Einräumung dieser Vermarktungsrechte geschieht einerseits basierend auf statutarischen Verpflichtungen der Mitgliedervereine und deren Mitglieder (z.B. Art. 19 Abs. 1 lit. h der Statuten der Swiss Football League [SFL]: «Die Mitglieder haben die Pflicht […] diejenigen Rechte zur Verwertung und Nutzung der multimedialen Rechte und Werberechte an die SFL abzutreten, welche für den Abschluss von Verträgen der Zentralvermarktung […] benötigt werden»). Andererseits sind hierzu auch vertragliche Regelungen mit Vereinen (z.B. Art. 13 Abs. 2 der Statuten der SFL: «[Die AG ist] […] Inhaber[in] der gesamten Immaterialgüterrechte des Klubs […]. Diese Rechte können der AG und – wenn ein solcher besteht – dem als Verein organisierten Klub, welcher der AG vorangegangen ist, gemeinsam gehören. In diesem Fall regelt eine Vereinbarung die sich im Zusammenhang mit der gemeinsamen Inhaberschaft dieser Rechte stellenden Fragen»), Sportler*innen (z.B. Art. 9 Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Arbeitsvertrag für Nichtamateur-Spieler der Klubs des Schweizerischen Fussballverbandes: «Der Spieler erklärt sich damit einverstanden, dass Bilder jeder Art, die von ihm – allein oder zusammen mit seinem Team – im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit vom Klub gemacht worden sind, durch diesen – ohne zusätzliche Entschädigung zum vereinbarten Lohn – in irgendeiner Form, insbesondere auch in neuen technischen Medien (wie Internet, mobile elektronische Geräte, Computerspiele) verwendet und verbreitet werden») sowie Unternehmen (z.B. Produktions- und Sendeunternehmen) notwendig, welche dem Verband entsprechende Rechte einräumen. Verbände sollten sicherstellen, dass sie gültige bzw. durchsetzbare Verträge haben, indem sie sich versichern, dass die Verträge mit den nachweislich originären oder derivativen Rechteinhaber*innen abgeschlossen werden. Dabei sollten die Verbände darauf achten, dass ihre Verträge nicht gegen andere abgeschlossene Verträge verstossen bzw. dass sie aneinander angeglichen sind. Letzteres erfordert ein sauberes Vertragsmanagement.

[53]

Verbände müssen weiter prüfen, dass sie in Übereinstimmung mit wettbewerbsrechtlichen Vorgaben handeln und insbesondere nicht gegen das Kartellgesetz verstossen (dazu nachstehend Rz. 74 ff.).

[54]

Schliesslich gelten für die meisten Verbände übergeordnete Verbandsregularien, welche zu beachten sind (z.B. hat Swiss Olympic ein Ethik-Statut des Schweizer Sport verabschiedet, das für die Mitgliedsverbände sowie deren Mitglieder gilt; vgl. Ziffer 1.1 lit. b und c des Ethik-Statuts).

C. Vermarktungsmöglichkeiten

1. Eigen- und Fremdvermarktung der Sportverbände

a. Übersicht
[55]

Im Wesentlichen gibt es für einen Verband zwei Möglichkeiten, die ihm originär zustehenden oder derivativ übertragenen Rechte zu verwerten. Zum einen kann er die Rechte selbst verwerten, etwa mittels direkt abgeschlossenen Marketing- bzw. Sponsoringverträgen oder Übertragungsverträgen (Eigenvermarktung). Zum anderen kann er die Rechte Dritten, insbesondere Rechteverwerter*innen und Rechteverwertungsagenturen, aber etwa auch Sendeunternehmen, zur kommerziellen Nutzung überlassen (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 303 f. und S. 315).

b. Eigenvermarktung
[56]

Bei der Eigenvermarktung verwertet der Sportverband die ihm originär oder derivativ zustehenden Rechte gesamthaft oder teilweise selber (Hügi, S. 179 f.; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 29). Er schreibt etwa seine Übertragungs- und Medienrechte direkt an Sendeunternehmen, Mobilfunkanbieter*innen oder digitale Plattformen aus oder schliesst Marketingrechts- und Sponsoringverträge direkt mit Marketingpartner*innen ab. Je nach Art und Gestaltung der Rechtepakete bieten Vermarktungsagenturen ebenfalls mit (Hügi, S. 179 f.).

[57]

Im Laufe der Zeit haben grössere Sportverbände beträchtliche Expertise in der Vermarktung von Rechten aufgebaut, die mit derjenigen von Vermarktungsagenturen vergleichbar ist (vgl. auch Hügi, S. 180). Sie verfügen über fundierte Kenntnisse des Sportmarkts, ein umfangreiches Netzwerk von Kontakten in der Branche und eine genaue Kenntnis der Bedürfnisse und Anforderungen der Medienpartner*innen, Sponsor*innen und anderer Geschäftspartner*innen (z.B. vermarktet Swiss-Ski seit 2016 die Marketingrechte der Weltcuprennen in der Schweiz selber und hat dabei einen um rund 20% höheren Betrag erwirtschaftet als die Marketingfirma Infront zuvor (GRHeute vom 28.05.2020;vgl. auch Aargauer Zeitung vom 02.03.2019).

[58]

Die Eigenvermarktung hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Auf der einen Seite behält der Sportverband bei der Eigenvermarktung die Kontrolle über die Vermarktungsstrategie, deren Umsetzung und alle weiteren Entscheidungen. Weiter kann er direkte Kundenbeziehungen aufbauen und pflegen, was langfristig von Vorteil sein kann. Durch den Wegfall von Agenturprovisionen kann die Eigenvermarktung dazu beitragen, die Gewinnmarge zu verbessern (vgl. PwC, Sports Survey 2020, S. 50). Bei der Eigenvermarktung kann der Sportverband flexibel auf Marktveränderungen, Trends und Kundenbedürfnisse reagieren. Auf der anderen Seite erfordert eine erfolgreiche Vermarktung aber Fachkenntnisse, Ressourcen und Erfahrung. Sportverbände, die nicht über das erforderliche Know-how oder die nötigen Ressourcen verfügen, können Schwierigkeiten haben, effiziente und erfolgreiche Vermarktungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Die Eigenvermarktung erfordert Zeit und kann den Sportverband von seinen anderen Aufgaben ablenken. Kleinere oder lokale Sportverbände verfügen zudem häufig nicht über ein ausreichend grosses Netzwerk. Dies kann den Zugang zu potenziellen Medienpartner*innen, Sponsor*innen und anderer Geschäftspartner*innen erschweren (zum Ganzen vgl. etwa Von Appen, S. 738 ff.).

c. Fremdvermarktung
[59]

Originäre oder derivative Rechteinhaber*innen können zur Verwertung ihrer Vermarktungsrechte Drittpersonen beauftragen, welche sich um sämtliche oder gewisse Aspekte der Vermarktung kümmern. Häufig werden sog. Vermarktungs- oder Vermittlungsagenturen bzw. Rechteverwertungsagenturen und manchmal auch Sendeunternehmen beauftragt (zum harten Wettbewerb zwischen Fernsehsendern und Vermarktungsagenturen vgl. Von Appen, S. 740).

[60]

Im Zusammenhang mit dem Begriff der Fremdvermarktung zu unterscheiden ist im Wesentlichen zwischen Vermittlungs-, Kommissions- und Buy-Out-Modell einerseits sowie zwischen Gesamt- und Teilvermarktung andererseits. Von der Gesamtvermarktung zu unterscheiden ist schliesslich die Zentralvermarktung (nachstehend Rz. 66 ff.).

[61]

Beim Vermittlungsmodell wird die Agentur gegen Provision beauftragt, Geschäfte zwischen den Rechteinhaber*innen und Sponsor*innen, Lizenznehmer*innen und weiteren Geldgeber*innen zu vermitteln. Der/die Rechteinhaber*in schliesst die Marketing- und Übertragungsrechteverträge direkt mit Dritten ab und behält die vollständige Kontrolle über seine/ihre Rechte (z.B. auch im Konkursfall der Agentur). Die Agentur erhält im Erfolgsfall – dem Abschluss eines Vertrags – die vertraglich fixierte Provision, welche aufgrund des geringen wirtschaftlichen Risikos der Agentur in der Regel niedriger als bei anderen Modellen ausfällt (vgl. Ballasch/Kliesch, S. 360; Hügi, S. 182 f.; Von Appen, S. 749).

[62]

Im Kommissionsmodell handelt die Agentur als Stellvertreterin, wobei sie entweder in fremdem Namen und auf fremde Rechnung (direkte Stellvertretung; Art. 32 Abs. 1 OR) oder in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung (indirekte Stellvertretung; Art. 32 Abs. 3 OR) handelt (vgl. Hügi, S. 183). Im Letzteren Fall entsteht also grundsätzlich kein Vertragsverhältnis zwischen dem/der Rechteinhaber*in und dem Dritten (Huguenin, S. 1162). Die Agentur handelt im Auftrag der Rechteinhaber*innen und erhält von ihnen eine Vergütung für ihre Vermittlungstätigkeit.

[63]

Die grösste Handlungsfreiheit hat eine Agentur beim Buy-Out-Modell. Der Agentur als Fremdvermarkterin wird die Nutzung an den Rechten gegen eine fixe Summe eingeräumt. Sie vermarktet die Rechte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und trägt damit grundsätzlich das ganze Vermarktungsrisiko, weshalb der Verband als Rechteinhaber auch keine Kontrolle mehr über die Rechte hat. Letzterer erhält dafür aufgrund der höheren und regelmässig zum Voraus geleisteten Vergütung finanzielle Planungssicherheit (vgl. Hügi, S. 183; Pfister/Fritzweiler, S. 422; Kuhn/Lau, S. 80 f.).

[64]

Sportverbände bzw. Rechteinhaber*innen haben nebst dem gewünschten Vermarktungsmodell auch über den Umfang der fremdvermarkteten Rechte zu entscheiden. Im Falle einer Einzel- oder Teilvermarktung werden nur einzelne Vermarktungsrechte (z.B. zur Bandenwerbung) oder Rechtepakete (z.B. sämtliche Rechte der Stadionwerbung) veräussert (Fickentscher, S. 22; Von Appen/Lanig, S. 229), wohingegen bei der Gesamtvermarktung sämtliche Vermarktungsrechte von der Agentur übernommen werden. Für welchen Umfang sich ein Sportverband im Einzelfall entscheidet, hängt von verschiedenen Faktoren wie etwa (finanzielle) Planungssicherheit, Unabhängigkeit, Synergieeffekte und gewünschte Beratungs- und Betreuungsleistungen ab (vgl. Fickentscher, S. 23). Der Vorteil einer (Gesamt-)Fremdvermarktung liegt im Wesentlichen darin, dass Vermarktungsagenturen umfangreiches Wissen über den Markt und spezialisierte Expert*innen für die Vermarktung von Sportrechten haben. Dadurch können sie attraktive Pakete aus ihren Rechteportfolios schnüren und auch Rechte von weniger beliebten Sportarten erfolgreich verkaufen (vgl. Hügi, S. 180 f. m.w.H. sowie Beispielen).

[65]

Zu den international bedeutendsten Rechteverwerter*innen gehören beispielsweise die Agenturen Endeavour (IMG), Sportfive (vorher Lagardère), Infront und TEAM Marketing (vgl. PwC, Sports Survey 2020, S. 50).

2. Zentralvermarktung, Einzelvermarktung und kleine Nischen

[66]

Bei der Einzelvermarktung eines Wettbewerbs vergibt der/die jeweilige Rechteinhaber*in die Rechte einzeln, womit die Möglichkeit besteht, dass verschiedene Rechteagenturen oder Sendeunternehmen unterschiedliche Wettkämpfe (z.B. Spiele) eines Gesamtwettbewerbs (z.B. Liga) verwerten. Der jeweilige Erlös der einzelnen Rechtevergabe kommt direkt dem/der Einzelvermarkter*in als Vertragspartner*in zu, mit der Konsequenz, dass die ohnehin schon erfolgreichen Verbände, Vereine oder Teilnehmenden durch den Verkauf ihrer Vermarktungsrechte noch höhere Erträge erzielen können (vgl. Von Senger/Würmli, S. 290).

[67]

Mit der Zentralvermarktung als gemeinsame, gebündelte Vermarktung der Vermarktungsrechte kann Ausgeglichenheit in den Wettbewerb gebracht werden (so auch Von Senger/Würmli, S. 291; Jäggi, S. 131 f.). Die Rechte mehrerer Rechteinhaber*innen werden zusammen auf dem Markt angeboten (z.B. vom Dachverband oder von der Liga). Die Nachfrager (Agenturen, Sendeunternehmen, Mobilfunkanbieter, digitale Plattformen usw.) sehen sich so einer stärkeren (Verhandlungs-)Macht gegenüber. So können in der Regel höhere Einnahmen generiert werden, als wenn jeder/jede Rechteinhaber*in (z.B. Verein einer Liga) seine/ihre Rechte alleine verwerten würde (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 381; vgl. auch Jäggi, S. 131 f.).

[68]

Vereinfacht dargestellt, gibt es drei Perspektiven mit unterschiedlichen Zielen: erstens die Perspektive des Verbands, der in der Regel Chancengleichheit und Ergebnisoffenheit anstrebt; zweitens kleinere Vereine oder untere Ligen, welche von einer Zentralvermarktung mit möglichst gleichmässiger Verteilung profitieren können; und drittens Spitzenklubs/Spitzenligen, die unter Umständen möglichst viel selber vermarkten möchten.

[69]

Die Zentralvermarktung ist grundsätzlich rechtlich zulässig (so auch Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 381; vgl. auch Summerer, S. 487 f.). Sie unterliegt indes gewissen, insbesondere wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen (siehe nachstehend Rz. 83 ff.).

[70]

Selbst bei der grundsätzlich zentralen Vermarktung eines Wettbewerbs erhalten Mitgliedsverbände oder -vereine sowie Veranstalter*innen regelmässig Möglichkeiten, bestimmte Rechte etwa an ihren eigenen Landesmeisterschaften, Heim- oder Freundschaftsspielen etc. selbst zu verwerten (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 381 f.; Jäggi, S. 132). Als Beispiel für solche «kleinen Nischen» kann etwa die Möglichkeit von Vereinen sein, die Rechte an Freundschaftsspielen selbst vermarkten zu dürfen, trotz grundsätzlich zentraler Vermarktung der Ligaspiele (z.B. werden Länderspiele ausserhalb von FIFA WM und UEFA EURO vom jeweiligen Nationalverband, der Heimrecht geniesst, veranstaltet und auch vermarktet; Englisch/Bagger von Grafenstein, S. 608).

3. Exkurs: Verwertungsstrategien

[71]

Internationale sowie grössere nationale Sportverbände und Ligen haben regelmässig eigene Vermarktungsabteilungen, entweder innerhalb ihrer Organisationsstruktur oder ausgelagert an eine Tochtergesellschaft (Hügi, S. 180). Je nach Ressourcen entscheiden sie sich für Eigen- oder Fremdvermarktung. Ebenfalls im Einzelfall zu entscheiden ist, ob die Rechte zentral oder individuell vermarktet werden sollen. Viele Verbände beanspruchen die entsprechenden Rechte bereits gemäss ihren Statuten ausdrücklich für sich (z.B. Art. 66 Ziff. 1 der FIFA-Statuten; vgl. auch Tännler/Haug, S. 140 Fn. 3). Denkbar ist aber, dass die Mitgliedervereine über ihre Stimmrechte eine Änderung der Verwertungsstrategie festlegen. Laufende Diskussionen gibt es beispielsweise im Skisport: Die Vermarktungsrechte des Weltcups liegen aktuell bei den nationalen Verbänden, es bestehen aber Bestrebungen, die Vermarktungsrechte bei der FIS zu zentralisieren (siehe Aargauer Zeitung vom 02.03.2019 sowie SRF News vom 14.02.2023).

[72]

Medien- bzw. Übertragungsrechte und Marketingrechte sollten ökonomisch nicht isoliert betrachtet werden. Eine erfolgreiche Rechteverwertung beinhaltet ein optimal aufeinander abgestimmtes Vermarktungskonzept. Die Sichtbarkeit von Marketingpartnern bei Live- und nachgelagerten Übertragungen erhöht einerseits deren Wert, während andererseits attraktive Marketingpartner die Steigerung des Wertes der Medien- bzw. Übertragungsrechte zur Folge haben (so Hügi, S. 185).

III. Ausgewählte Vermarktungseinschränkungen

A. Ausgangslage

[73]

Bei der Sportvermarktung sind zahlreiche rechtliche Einschränkungen zu beachten. Kartellrechtliche Vorgaben sind von besonderer Bedeutung. Im Zusammenhang mit Übertragungsrechten sind zudem medienrechtliche Einschränkungen wie das Kurzberichterstattungsrecht und Listenregelung zu beachten. Weiter setzt das Persönlichkeitsrecht gewisse Grenzen. Schliesslich können im Einzelfall weitere rechtliche und faktische Schranken hinzutreten, wie etwa übergeordnete Verbandsregularien (z.B. Financial Fair Play Regelungen), vorbestehende Vertragsbeziehungen, Immaterialgüterrechte Dritter (siehe zur originären und derivativen Rechteinhaberschaft vorstehend Rz. 26 ff. sowie zu den Immaterialgüterrechten im Sport Weber/Huser/Noth, Rz. 1 ff.), Soft Law, Strafrecht und Spezialgesetze (z.B. neue Standards für Unternehmensberichterstattung, Arbeitsgesetz und Datenschutzgesetz, siehe zu Letzterem Kleiner, Rz. 1 ff.).

B. Kartellrecht

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Sportmärkte

[74]

Das Kartellrecht bezweckt den freien Wettbewerb zu schützen, so dass wirtschaftliche Tätigkeiten grundsätzlich im Rahmen einer freien, marktwirtschaftlichen Ordnung erfolgen (vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 194; vgl. auch Hügi, S. 224). Dabei gelten die Regeln des Kartellrechts grundsätzlich für jeglichen wirtschaftlichen Wettbewerb. Der Sport bzw. Sportmärkte sind folglich vom Anwendungsbereich des Kartellrechts nicht ausgeschlossen (Christen/Deck, S. 169 f.; Hügi, S. 226 f.; betreffend das europäische Kartellrecht der EuGH ausdrücklich Urteil des EuGH C-519/04 P. vom 18.07.2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, Rz. 22–34, v.a. Rz. 27; vgl. für die Schweiz Verfügung der Wettbewerbskommission vom 03.07.2020, in: RPW 2020/4a S. 1628 ff., S. 1643 Rz. 133 f.).

[75]

Die Vereinbarkeit der gewählten Vermarktungsstrategie (siehe vorstehend Rz. 55 ff.) mit dem Kartellrecht hat direkte Auswirkungen auf den Wert der entsprechenden Rechte, etwa dann, wenn ein Vertrag aufgrund seines kartellrechtswidrigen Inhalts ganz oder teilweise nichtig wird (Art. 20 OR; vgl. Marbach/Ducrey/Wild, S. 358 f.; vgl. bezüglich Zentralvermarktung Jäggi, S. 144 sowie S. 145).

2. Bedeutung der EUGH-Rechtsprechung für die Schweiz

[76]

Sowohl das schweizerische wie auch das europäische Kartellrecht verbieten und sanktionieren unzulässige Wettbewerbsabreden (z.B. Preisabsprachen) sowie unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen (Art. 5 und 7 KG; Art. 101 und 102 AEUV; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 194; Hügi, S. 224). Das EU-Kartellrecht ist in den Grundzügen gleich aufgebaut wie das schweizerische Kartellrecht und im Ergebnis gibt es kaum mehr Unterschiede zwischen den beiden Kartellrechtsordnungen (Marbach/Ducrey/Wild, S. 301). Die Wettbewerbskommission (WEKO) orientiert sich in ihrer Praxis denn auch stark an der EU-Praxis und Rechtsprechung (Zurkinden/Klotz, S. 307). Auch das Bundesgericht greift auf die Literatur und Praxis zum europäischen Kartellrecht zurück (vgl. etwa BGE 143 II 297 E. 6.2.3; BGE 146 II 217 E. 4.3). Hinzu kommt, dass sich internationale Sportverbände in der Schweiz aufgrund der Internationalität des Sports und der grenzüberschreitenden Natur kartellrechtlich relevanter Sachverhalte dem EU-Wettbewerbsrecht häufig ohnehin nicht entziehen können (im Kartellrecht gilt sowohl in der Schweiz als auch in der EU das Auswirkungsprinzip; Marbach/Ducrey/Wild, S. 307). Es ergibt daher Sinn, nebst der schweizerischen Praxis auch die reichhaltigere Praxis der europäischen Gerichte und Behörden zu Sport und Kartellrecht heranzuziehen (vgl. Hügi, S. 224 f.; Valloni/Pachmann, S. 102 f.).

3. Sportverbände als Unternehmen und relevanter Markt

[77]

Sportverbände und Vereine, welche ihre Übertragungs- und Marketingrechte verkaufen, gelten als Unternehmen im Sinne des schweizerischen und europäischen Kartellrechts (Hügi, S. 227 f. und S. 234 f.; Jäggi, S. 133 f.; Celli/Brogini, S. 187 f.; vgl. etwa auch in Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der SFL-Fussballsaison 2019/20 Verfügung der Wettbewerbskommission vom 03.07.2020, in: RPW 2020/4a S. 1628 ff., S. 1644).

[78]

In der Praxis hat sich unter anderem der Markt für Übertragungsrechte als sachlich relevanter Markt herausgebildet. Im Markt für Übertragungsrechte treten einerseits Agenturen, Medien und Sendeunternehmen als Nachfrager, andererseits Rechteinhaber*innen als Anbieter auf. Je nach Medium ist von unterschiedlichen Produktemärkten auszugehen, wobei sich grundsätzlich zwischen Fernseh-, Radio und Internetübertragung unterscheiden lässt (zu weiteren in der Praxis herausgebildeten sachlich relevanten Märkten im Sport vgl. Celli/Brogini, S. 193 ff.).

4. Exklusivitätsvereinbarungen

[79]

Exklusivitätsvereinbarungen sind nicht per se unzulässig. Rechteinhaber*innen verkaufen Übertragungs- und Marketingrechte häufig auf exklusiver Basis in Bezug auf verschiedene Faktoren (Medium, Gebiet, Dauer), um deren Wert zu maximieren (vgl. Heermann, S. 227; Summerer, S. 476; vgl. in Bezug auf Übertragungsrechte Jäggi, S. 134 und S. 139). Heikel können sie insbesondere in Kombination mit der Zentralvermarktung sein (im Besonderen nachstehend Rz. 83 f.; zum Begriff vorstehend Rz. 67). Doch auch ausserhalb der Zentralvermarktung sind Exklusivitätsvereinbarungen kartellrechtlich problematisch, wenn sie den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht rechtfertigen lassen (dazu nachstehend Rz. 85 ff.) oder wirksamen Wettbewerb beseitigen (vgl. auch Art. 5 Abs. 1 KG und Art. 101 AEUV). Im Sport etwa, wenn sich ein Sportverband vertraglich verpflichtet, seinen Mitgliedsvereinen vorzuschreiben, dass sie ihre Eintrittskarten nur über eine einzige Ticketing-Plattform bzw. -Unternehmung verkaufen dürfen (vgl. Verfügung der Wettbewerbskommission vom 14.11.2011, in: RPW 2012/1 S. 74 ff. sowie Hügi, S. 231).

[80]

Ein weiteres Beispiel für eine kartellrechtlich häufig problematische Exklusivitätsvereinbarung ist diejenige in Ausrüstungsverträgen, insbesondere zwischen mehreren Sportartikelhersteller*innen und dem Sportverband (sog. Poolverträge), bei denen eine Sportveranstaltung in Bezug auf die vereinbarten Produktkategorien exklusiv ausgerüstet wird. Das kann einerseits den Wettbewerb unter Sportartikelhersteller*innen beschränken, was einen Verstoss gegen Art. 5 KG und/oder Art. 101 AEUV bedeuten kann. Andererseits werden Athlet*innen unter Einschränkung ihrer Vertragsfreiheit dazu gezwungen, für die Teilnahme an Wettkämpfen bestimmte Sportartikel zu verwenden , was eine unzulässige Verhaltensweise einer marktbeherrschenden Stellung des Sportverbands im Sinne von Art. 7 KG und/oder Art. 102 AEUV darstellen kann (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 259 f.; Hügi, S. 230 f.; zur Ausgestaltung von Poolverträgen im Besonderen vgl. nachstehend Rz. 91).

[81]

Exklusivitätsvereinbarungen können sich auch auf ein bestimmtes Gebiet beziehen. Der EuGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Gewährung exklusiver Übertragungsrechte für das Gebiet eines Mitgliedstaates der EU an einen/eine Lizenznehmer*in wettbewerbswidrig ist, wenn damit die Verpflichtung zur Verschlüsselung des Satellitensignals mit gleichzeitigem Verbot der Einfuhr, des Verkaufs und der Nutzung ausländischer Decoder verbunden wird (Hügi, S. 237 mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 04.10.2011, Rs. C-403/08, QC Leisure und C-429/08, Murphy, Slg. 2011, I-9083, Rz. 125 und Rz. 139 ff.; vgl. auch Jäggi, S. 141 ff.).

[82]

Problematisch können Exklusivitätsvereinbarungen schliesslich werden, wenn Dauer und/oder Umfang exzessiv sind, so dass Konkurrenz oder Pluralismus ausgeschaltet wird. So etwa dann, wenn in einem Übertragungsrechtsvertrag einem einzigen Fernsehsender unter Ausschluss aller anderen Sender langfristig die Berichterstattung über bestimmte Sportveranstaltungen ermöglicht wird (Summerer, S. 476; für eine zulässige Ausgestaltung im Rahmen der Zentralvermarktung vgl. nachstehend Rz. 86 ff.).

5. Zentralvermarktung

[83]

Der Sportverband handelt bei der Zentralvermarktung exklusiv und gestützt auf eine horizontale Vereinbarung im Auftrag aller Rechteinhaber*innen, nämlich der Sportvereine und des Sportverbands als Mitinhaber (vgl. vorstehend Rz. 36 ff.). Diese horizontale Vereinbarung hat eine signifikante Auswirkung auf den betreffenden Markt, da sie darauf abzielt, den Wettbewerb zwischen den beteiligten Sportvereinen in Bezug auf den Verkauf der Marketing- oder Übertragungsrechte zu verhindern. Zum einen vereinheitlicht die Zentralvermarktung den Preis der Rechte im Vergleich zum individuellen Verkauf (Preisabsprache im Sinne von Art. 5 KG und/oder Art. 101 AEUV). Zum anderen kann der zentralisierte Verkauf und damit die Konzentration sämtlicher Rechte bei ihm eine marktbeherrschende Stellung des Sportverbands im Sinne von Art. 7 KG und/oder Art. 102 AEUV schaffen (vgl. zum Ganzen in Bezug auf Übertragungsrechte Jäggi, S. 134 f.). Die Zentralvermarktung bildete daher wiederholt Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 381).

[84]

Die Zentralvermarktung der Marketingrechte der Klubs durch den übergeordneten Sportverband bzw. Liga wird sowohl von schweizerischen als auch europäischen Kartellbehörden als grundsätzlich unzulässige horizontale Wettbewerbsabrede qualifiziert (vgl. implizit mit Verfügung der WEKO vom 09.05.2016, in: RPW 2016/4 S. 920 ff., S. 990; Hügi, S. 230 und S. 236 f.; vgl. auch Summerer, S. 491 ff.; Valloni/Pachmann, S. 119 f.). Die Wettbewerbsbehörden anerkennen allerdings, dass die Zentralvermarktung gerechtfertigt sein kann, sofern gewisse Modalitäten eingehalten werden (dazu nachstehend Rz. 85 ff.).

6. Rechtfertigung bzw. einzuhaltende Modalitäten

[85]

Auch im Sportbereich ist es erforderlich, die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, um festzustellen, ob eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Der Sportsektor unterscheidet sich indes wesentlich von anderen Wirtschaftsbereichen. Sportvereine haben ein gewisses Interesse an der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Gegner*innen, um die sportliche und wirtschaftliche Attraktivität ihrer Sportart zu erhalten. Dies erfordert eine gewisse finanzielle Solidarität, um ein zu grosses Leistungsgefälle zwischen den Wettbewerber*innen zu verhindern und damit die Ungewissheit des Spielausgangs im Interesse der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Die Berücksichtigung solcher Besonderheiten des Sports kann dazu führen, dass bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen, die zur Verfolgung legitimer sportlicher Ziele unerlässlich erscheinen, als zulässig im Sinne des Kartellrechts angesehen werden (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 194 f.; Hügi, S. 226 f. und 234; Valloni/Pachmann, S. 105).

[86]

Es ist anerkannt, dass namentlich die Zentralvermarktung zu betriebswirtschaftlichen Effizienzsteigerungen führen kann, welche die daraus resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen rechtfertigen können (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. a KG sowie Art. 101 Abs. 3 AEUV; Von Senger/Würmli, S. 322 ff.; Hügi, S. 229 f.; Summerer, S. 491). Dazu müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein (BSK KG-Krauskopf/Schaller, Art. 5 N 334 ff.): Die Abrede muss geeignet sein, den Effizienzgrund zu erreichen; es darf zur Erreichung des Effizienzzieles kein gleich geeignetes, milderes Mittel vorliegen; die Wettbewerbsabrede darf den Wettbewerb im Verhältnis zum angestrebten Effizienzziel nicht überproportional beeinträchtigen. Die damit verbundene Verhältnismässigkeitsprüfung überlässt den Wettbewerbsbehörden und den zuständigen Rechtsmittelinstanzen einen weiten Beurteilungsspielraum. Um Unsicherheiten vorzubeugen, steht Sportverbänden das Meldeverfahren zur Verfügung (Art. 49a Abs. 3 lit. a KG).

[87]

Die Zentralvermarktung kann entscheidend sein für die Verteilung von Einnahmen der gesamten Liga und damit ein Instrument zur Verbesserung der Solidarität unter den Ligateilnehmer*innen bzw. Sportvereinen (vgl. De la Mare/Mehta, S. 423; vgl. auch Jäggi, S. 136 ff; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 194 f). Aus der Praxis der europäischen Wettbewerbskommission, an der sich auch die Schweizer Wettbewerbsbehörden orientieren, lassen sich im Wesentlichen folgende Umstände zusammenfassen, welche für eine zulässige Ausgestaltung der Zentralvermarktung sprechen (vgl. De la Mare/Mehta, S. 426; vgl. auch Summerer, S. 491 f.; Hügi, S. 230; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 381 f.; Jäggi, S. 139 f.; Valloni/Pachmann, S. 119):

  • Vergabe der Rechte in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren;

  • Begrenzung der Vertragsdauer auf drei Jahre bzw. drei Spielsaisons;

  • Begrenzung der Exklusivität bzw. Aufteilung der Rechte in unterschiedliche Rechtepakete, z.B. Aufteilung nach Art (Erstverwertung, Nachverwertung, On-Demand etc.) und Medium (service publique, Pay-TV bzw. Pay-Verwertung, Satellit, Kabel, Internet, Mobilgeräte etc.);

  • Schaffung von Losen, um zu verhindern, dass ein einziger bzw. eine einzige Erwerber*in alle Rechte erhält («no single buyer rule»);

  • Ligateilnehmer*innen bzw. Sportvereine haben weiterhin die Möglichkeit, diejenigen Rechte selbst zu verwerten, welche der Sportverband, dem die Zentralvermarktung übertragen ist, nicht innert einer bestimmten Zeit nutzt bzw. verkauft (z.B. Freundschaftsspiele).

[88]

Dementsprechend heikel sind auch vertragliche Vertragsverlängerungsoptionen und Erstverhandlungsrechte im Rahmen einer Zentralvermarktung. Ausserhalb der Zentralvermarktung und wenn der/die betreffende Rechteinhaber*in keine marktbeherrschende Stellung hat, spricht hingegen aus kartellrechtlicher Sicht grundsätzlich nichts gegen solche Klauseln, weil erst die Exklusivität die Verwertungsrechte ökonomisch interessant macht. Die Möglichkeit zur Erneuerung des Vertrags und damit faktisch zur Verlängerung der Vertragsdauer ist gerade im Sport für beide Parteien – Rechteinhaber*innen sowie Medien- oder Marketingpartner*innen resp. Vermarktungsagenturen – von Bedeutung, da häufig beide Parteien für ihre Ziele langfristig hohe Summen in die Sportveranstaltung investieren und vom Abschluss von Verträgen absehen würden, könnten ihre Investitionen aufgrund zu kurzer Dauer nicht amortisiert werden (Hügi, S. 237 f.). Zu beachten ist auch, dass es bei der Anwendung der vorstehend genannten Kriterien (Rz. 87) immer auf die zu vergebenden Rechte im Einzelfall ankommt. Die Anwendung sämtlicher Kriterien für die Vergabe der Übertragungsrechte an der Champions League (UEFA) mag sinnvoll sein, für die Super League (SFL) wäre dies aber wohl zu streng.

[89]

Ebenfalls im Einzelfall zu entscheiden ist, ob sich ein Sportverband als Rechteinhaber in einem bestimmten Markt für Vermarktungsrechte unabhängig verhalten kann und dementsprechend als marktbeherrschend anzusehen ist (vgl. dazu Von Senger/Würmli, S. 331 f.). Eine marktbeherrschende Stellung kommt regelmässig den Rechteinhaber*innen von Marketing- und Übertragungsrechten bei Grosssportveranstaltungen wie der Champions League der UEFA, der FIFA-Fussball-Weltmeisterschaft, den Olympischen Spielen, Formel-1-Rennen (Formula One World Championship Ltd.) oder Tennis-Grand-Slam-Turnieren des ITF im jeweils für diese Rechte relevanten Markt zu (Hügi, S. 238; Summerer, S. 475 und S. 504 f.). Aber auch die SFL ist im relevanten Markt für Anlässe der Super League alleinige Anbieterin der Übertragungsrechte (vgl. Verfügung der Wettbewerbskommission vom 03.07.2020, in: RPW 2020/4a S. 1628 ff., Fn. 141) und beherrscht damit diesen Markt (vgl. Von Senger/Würmli, S. 332).

[90]

Ein aufsehenerregender Fall aus der Schweiz in Bezug auf die Vermarktung von Übertragungsrechten betrifft die Auferlegung einer Busse von rund CHF 71.8 Millionen gegen den Swisscom-Konzern. In diesem Fall richtete sich die Untersuchung nicht gegen die Vereine, die ihre Übertragungsrechte an den Verband oder die Liga übertragen haben, welche diese Rechte dann exklusiv an eine Swisscom-Tochtergesellschaft verkauft haben. Stattdessen wurde der Swisscom-Konzern aufgrund des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung bei der Vermarktung der Übertragungsrechte von Schweizer Fussball- und Eishockeyspielen über Pay-TV zur Verantwortung gezogen. Gemäss WEKO habe dieser in Ausnützung seiner marktbeherrschenden Stellung Geschäftsbeziehungen verweigert, Handelspartner diskriminiert und unangemessene Geschäftsbedingungen erzwungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verfügung der WEKO bestätigt (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-4003/2016 vom 10.05.2022; Beschwerde beim Bundesgericht hängig). Interessant dabei ist, dass die WEKO gegen die Verbände, welche die Sportinhalte in einem offenen Vergabeverfahren jeweils als Exklusivrechte vergeben hatten, soweit ersichtlich nicht eingeschritten ist. Hätte die WEKO erreichen wollen, dass nicht ein einzelner bzw. eine einzelne Anbieter*in sämtliche Übertragungsrechte exklusiv erwerben kann, so hätte sie auf der Ebene des Vergabeverfahrens einschreiten und dort beispielsweise eine «no single buyer rule» etablieren können (siehe vorstehend Rz. 87). So wäre es der Swisscom-Tochtergesellschaft gar nicht erst möglich gewesen, sämtliche Exklusivrechte zu erwerben (so Sturny/Tuchschmid, S. 140). Wie erwähnt sind nach hier vertretener Ansicht die vorstehend genannten Kriterien (Rz. 87) bei den überschaubaren Schweizer Verhältnissen indes zurückhaltender anzuwenden (vgl. Rz. 88 am Ende), was bezüglich der Sportverbände möglicherweise auch die WEKO berücksichtigte. Zudem ist die «no single buyer rule» nicht unumstritten, weil sie dazu führen kann, dass die Zuschauer*innen für zwei verschiedene Pay-TV-Abos bezahlen müssen.

[91]

Poolverträge (vorstehend Rz. 80) sind insbesondere dann zulässig, wenn sie sowohl Ausrüster*innen als auch Athlet*innen nicht diskriminieren, indem die Athlet*innen in die Verhandlung und Gestaltung der Verträge eingebunden werden sowie Vertragsklauseln aufgenommen werden, die es Athlet*innen erlaubt, bei eigener Finanzierung eigene Ausrüster*innen oder Sponsor*innen zu wählen. Zudem müssen alle interessierten Ausrüster*innen die Möglichkeit haben mitzumachen. Ist dies aus sportlichen Gründen, d.h. aus zwingenden organisatorischen, spiel- oder sicherheitstechnischen Gründen (vgl. Bekanntmachung der WEKO «Homologation und Sponsoring bei Sportartikeln» vom 15.12.1997), nicht möglich und eine zahlenmässige Begrenzung der Ausrüster*innen geboten, so müssen die Verträge gleichwohl auf einem fairen Auswahlverfahren mit objektiven Kriterien beruhen, das nach einer gewissen Zeit wiederholt wird (Stichwort: kurze Vertragslaufzeit; vgl. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 259 f. und Hügi, S. 230 ff.).

C. Medienrecht

1. Ausgangslage

[92]

Populäre Sportereignisse (z.B. Spiele der Schweizer Fussballnationalmannschaft) werden in der Öffentlichkeit als Gegenstand des nationalen und damit öffentlichen Kultur- und Informationsgutes angesehen (vgl. Nobel/Weber, S. 661; Weber/Osterwalder, S. 122). Die politische Forderung ist klar: Es soll gesetzlich gewährleistet werden, dass die Öffentlichkeit uneingeschränkten und vollständigen Zugang zu massenattraktiven Ereignissen über das Free-TV erhält. Bedeutende Programme sollen nicht nur über Pay-TV, sondern für eine breite Bevölkerung zugänglich bleiben. Exklusivitätsvereinbarungen in Übertragungsrechtsverträgen können zur Folge haben, dass deren Live-Konsum nur noch über Pay-TV möglich ist.

[93]

So befinden sich beispielsweise die SRG und Sunrise aktuell in einem Rechtsstreit um die Live-Übertragungsrechte an den nationalen Eishockey-Meisterschaftsspielen, welche sich die Sunrise gesichert hat. Die SRG könnte zwar, gestützt auf das Kurzberichterstattungsrecht, Bilder von den Spielen zeigen, jedoch bloss drei Minuten pro Ereignis (dazu nachstehend Rz. 96). Weiter gibt es die Möglichkeit, ausführlichere Zusammenfassungen von der Liga bzw. beim Exklusiv-Rechteinhaber Sunrise zu erwerben. So hat Sunrise der SRG tatsächlich das Recht eingeräumt, längere Zusammenfassungen ab 23.00 Uhr (aber nicht vorher!) im TV zu senden. Sunrise hat beim BAKOM moniert, dass die SRG online (auf ihrer App und ihrer Webseite) und vor der vertraglichen Embargofrist um 23:00 Uhr Zusammenfassungen aufschalte. Das BAKOM hat Sunrise in der Sache recht gegeben. Aber der BAKOM-Entscheid lässt Fragen offen, weshalb beide Parteien den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen haben: Die SRG, weil sie die ihr auferlegte Einschränkung aufbrechen will; Sunrise, weil sie einen klar formulierten Entscheid über die Zusammenfassungen will, um künftig Umgehungen zu verhindern. Dabei wird Sunrise von der Liga unterstützt, die sicherstellen will, dass der erhebliche Marktwert der über das gesetzliche Minimum hinausgehenden Zusammenfassungen erhalten bleibt (zum Ganzen Watson vom 22.04.2023).

2. Kurzberichterstattungsrecht

[94]

Ist die Berichterstattung über ein öffentliches Ereignis in der Schweiz durch Exklusivabreden eingeschränkt, so hat jeder/jede interessierte Programmveranstalter*in das Recht auf aktuelle mediengerechte Kurzberichterstattung über dieses Ereignis (Art. 72 Abs. 1 RTVG). Dank dieses Kurzberichterstattungsrechts haben alle interessierten Sendeunternehmen die Möglichkeit, kurze Berichte über öffentliche Ereignisse zu erstellen und auszustrahlen, selbst wenn der/die Rechteinhaber*in diese Ereignisse einem Dritten vertraglich exklusiv überlassen hat.

[95]

Das RTVG nimmt die Sportveranstalter*innen, die Rechteinhaber*innen sowie die Sendeunternehmen in die Pflicht. Die Vergabe der Übertragungsrechte darf nicht zur Vereitelung des Kurzberichterstattungsrechts führen. Exklusiv- oder Erstverwertungsrechte sind somit stets unter dem Vorbehalt des Kurzberichterstattungsrechts zu vergeben (SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 10; vgl. auch Commentaire LRTV-Vincent, Art. 72 N 9). Einige Sportveranstalter*innen, besonders das IOC, haben eigene Regeln festgelegt, die es Sendeunternehmen ohne Exklusivrechte erlauben, Ausschnitte der Wettkämpfe in ihren Programmen zu zeigen (vgl. Règles d’accès aux informations applicables aux XXIVes jeux olympiques d’hiver Beijing 2022; vgl. auch Commentaire LRTV-Vincent, Art. 72 N 11).

[96]

Art. 72 RTVG wird konkretisiert durch die Art. 68 bis 70 RTVV. Das Recht auf Kurzberichterstattung umfasst einen Beitrag von höchstens drei Minuten. Die Dauer der Kurzberichterstattung muss dem Ereignis angepasst sein (Art. 72 Abs. 1 RTVG i.V.m. Art. 68 Abs. 1 RTVV). Als Massstab gilt, dass sich die Länge des Berichts nach der Zeit bemisst, die notwendig ist, um die wichtigsten Elemente des Ereignisses zu vermitteln. Ist das Ereignis von besonders kurzer Dauer (z.B. ein 100-Meter-Lauf), muss insbesondere beim Fernsehen die Dauer der gezeigten Bildausschnitte entsprechend verkürzt werden, damit sie die Grenzen einer eigentlichen Kurzberichterstattung nicht sprengen (UVEK, Erläuterungen, S. 68).

[97]

Interessierte Programmveranstalter*innen müssen Zugang zum Ereignis haben, soweit es die technischen und räumlichen Gegebenheiten erlauben (Physical Access), sowie die gewünschten Teile des Übertragungssignals zu angemessenen Bedingungen erhalten (Signal Access; Art. 72 Abs. 3 RTVG). Erstreckt sich das öffentliche Ereignis über höchstens einen Tag und setzt es sich aus mehreren Teilen zusammen, bezieht sich der Anspruch auf Kurzberichterstattung nicht auf jeden Teil des Ereignisses, sondern auf seine Gesamtheit; im Falle eines Dauerereignisses von über 24 Stunden besteht ein täglicher Kurzberichterstattungsanspruch (Art. 68 Abs. 2 RTVV). Schliesslich darf der Kurzbericht gemäss Art. 68 Abs. 3 RTVV erst nach Beendigung des Ereignisses ausgestrahlt werden, was eine wesentliche Beeinträchtigung der Erstverwertungsrechte verhindert (vgl. zum Ganzen SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 12). Die UVEK nimmt diesbezüglich in ihren Erläuterungen Bezug auf die Europäische Kommission, welche 2,5 Stunden nach dem Ereignis als vertragliche Höchstgrenze gestattet (UVEK, Erläuterungen, S. 69). Ein Kurzbericht kann durchaus die Aufnahme einzelner Spielszenen beinhalten und muss sich nicht nur mit Stimmungsbildern oder Interviews begnügen (Hügi, S. 241 f.).

[98]

Die Anmeldung für die Berichterstattung hat rechtzeitig vor dem Ereignisbeginn zu erfolgen (bei geplanten Ereignissen: mindestens 10 Tage vor Ereignisbeginn; bei kurzfristig angesetzten Ereignissen und bei Ereignissen, für die sich das besondere Interesse des Drittveranstalters aufgrund besonderer Umstände erst kurzfristig ergibt: zum frühestmöglichen Zeitpunkt; vgl. Art. 69 Abs. 1 RTVV). Der/die Sportveranstalter*in und der/die Rechteinhaber*in bzw. das Sendeunternehmen, welches über Exklusivrechte verfügt, entscheiden in der Folge über den Zugang (vgl. Art. 69 Abs. 2 RTVV). Der direkte Zugang soll die Durchführung des Ereignisses und die Ausübung der Exklusiv- bzw. Erstverwertungsrechte möglichst nicht beeinträchtigen (Art. 69 Abs. 5 RTVV). Wird der Zugang verweigert, können dem BAKOM Massnahmen beantragt werden (Art. 69 Abs. 4 RTVV). Die Verletzung einer entsprechenden Anordnung des BAKOM kann zu Verwaltungssanktionen führen (SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 15).

[99]

Mit Blick auf die Zurverfügungstellung des Signals trifft Art. 70 Abs. 1 RTVV die Regelung, wonach die Anfrage mindestens 48 Stunden vor Ereignisbeginn zu erfolgen hat. Die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Zugang zum Signal entstehen, hat der interessierte Programmveranstalter zu tragen. Art. 70 Abs. 2 RTVV hält zwecks Verhinderung missbräuchlicher Preisfestsetzungen fest, dass diese Kosten den technischen und personellen Aufwand sowie eine Entschädigung für zusätzliche Kosten, die mit der Einräumung des Rechts auf Kurzberichterstattung verbunden sind, beinhalten (SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 14). Weitere Kosten – insbesondere diejenigen, die dem Pay-TV-Sender für den Erwerb der Exklusivrechte entstanden sind – dürfen nicht überwälzt werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_727/2008 vom 18.03.2008 E. 3.3.2 sowie Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 207 f.).

[100]

An der Regelung wird kritisiert, dass aufgrund der zeitlichen Beschränkung einer solchen Berichterstattung und dem Risiko eines Missverhältnisses zu den damit verbundenen Produktionskosten häufig keine echte publikumsattraktive Alternative liege. So einigen sich Sendeunternehmen in der Regel mit den Rechteinhaber*innen auf vertraglicher Basis über die Ausstrahlung von Kurzberichten bzw. Zusammenfassungen (wie z.B. die SRG und die Sunrise im vorstehend erwähnten Beispiel, Rz. 93; vgl. dazu Nobel/Weber, S. 664; SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 16).

[101]

Nicht von Art. 72 RTVG erfasst sind indes Exklusivverträge zwischen Rechteinhaber*innen und Presseunternehmen, die einzig der wettbewerbsrechtlichen Kontrolle unterliegen (Nobel/Weber, S. 663; SHK RTVG-Weber, Art. 72 N 7).

[102]

In der Europäischen Union hat das Kurzberichterstattungsrecht in Art. 15 AVMD-RL Eingang gefunden und verpflichtet die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass jeder/jede Fernsehveranstalter*in zum Zweck der Kurzberichterstattung Zugang zu Ereignissen hat, die von grossem öffentlichem Interesse sind und exklusiv übertragen werden (Hügi, S. 243). Dabei entschied beispielsweise der EUGH, dass die Verpflichtung nach österreichischem Recht für Inhaber*innen exklusiver Fernsehübertragungsrechte, ihr Bild- bzw. Tonsignal kostenfrei für Kurzberichterstattungen zur Verfügung zu stellen, mit den europäischen Grundrechten im Einklang steht (Urteil des EUGH C-283/11 vom 22.01.2013; vgl. dazu auch Jäggi, S. 140 f.).

3. Listenregelung

[103]

Das RTVG hält fest, dass die Berichterstattung über ein Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung einem wesentlichen Teil der Allgemeinheit frei zugänglich gemacht werden muss (Art. 73 Abs. 1 RTVG). Exklusive mediale Verwertungsrechte für Ereignisse mit ganz besonderer Bedeutung werden somit zugunsten einer zeitgleichen Ausstrahlung auch im Free-TV eingeschränkt (Hügi, S. 243). Gemäss Art. 73 Abs. 2 RTVG führt das UVEK eine Liste solcher internationaler und nationaler Ereignisse und aktualisiert sie regelmässig (z.B. Fussball-WM Halbfinal- und Finalspiele sowie alle Spiele der schweizerischen Nationalmannschaft, Ski-Weltcuprennen in der Schweiz oder Tour de Suisse; siehe Anhang 2 zur Verordnung des UVEK über Radio und Fernsehen). Die in der Liste genannten Sportereignisse müssen für die Bevölkerung frei zugänglich sein (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 247). Damit ein freier Zugang vorliegt, müssen in jeder Sprachregion mindestens 80% der Haushalte die Übertragung ohne zusätzliche Ausgaben empfangen können (Art. 71 Abs. 1 RTVV). Dies setzt voraus, dass die üblicherweise vorhandene technische Ausrüstung genügt (ohne Anschaffen einer Parabolantenne oder eines Entschlüsselungsgerätes) und, dass auch kein zusätzliches Abonnement bei einem Pay-TV-Veranstalter erworben werden muss (UVEK, Erläuterungen, S. 70).

[104]

Verlangt ist in der Regel eine Live-Berichterstattung. Ausnahmen können sich primär aus dem Interesse des Publikums ergeben. Eine Aufzeichnung erscheint beispielsweise dann sinnvoll, wenn das Ereignis – etwa infolge Zeitverschiebung – während der Nacht stattfindet. Es ist aber auch denkbar, dass sich ein Grossereignis aus verschiedenen, parallel stattfindenden Ereignissen zusammensetzt (z.B. Olympische Spiele). Eine Direktausstrahlung könnte überdies mit der Übertragung eines anderen wichtigen gesellschaftlichen Ereignisses kollidieren, weshalb das öffentliche Interesse eine zeitversetzte Ausstrahlung aufdrängen kann (UVEK, Erläuterungen, S. 70 f.).

[105]

Soweit ersichtlich ist gerichtlich noch nicht geklärt, ob Art. 73 RTVG auch mit der Verbreitung von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung per Internet-Streaming entsprochen werden kann. Gemäss BAKOM ist das RTVG technologieneutral. D.h. sein Geltungsbereich hängt nicht von der Art der Verbreitung ab (Internet, Leitungen, Frequenzen; vgl. Meldeplicht gemäss BAKOM). Damit muss nach hier vertretener Ansicht auch ein Online-Streaming den Anforderungen des Art. 73 RTVG an den freien Zugang zur Berichterstattung über Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung genügen, wenn es Bestandteil eines Programms im Sinne des RTVG ist (Art. 2 lit. a RTVG) und /die Programmveranstalter*in eine natürliche oder juristische Person ist, welche die Verantwortung für die Schaffung von Sendungen oder deren Zusammenstellung zu einem Programm trägt und beim BAKOM gemeldet ist (Art. 2 lit. d RTVG und Art. 3 RTVG).

[106]

In der Europäischen Union ist die Listenregelung in Art. 14 AVMD-RL als Verbot ausgestaltet, Grossereignisse ausschliesslich im Bezahlfernsehen auszustrahlen. Der Europarat hat in diesem Zusammenhang ergänzend Art. 9a EÜGF eingeführt. Die entsprechenden Listen in den Mitgliedstaaten des EÜGF sind für Sendeunternehmen der anderen Vertragsparteien verbindlich, so auch für diejenigen in der Schweiz (Hügi, S. 244).

4. Werbung

[107]

Werbung wird vom RTVG als öffentliche Äusserung im Programm verstanden, welche die Förderung des Abschlusses von Rechtsgeschäften über Waren oder Dienstleistungen, die Unterstützung einer Sache oder Idee oder die Erzielung einer anderen vom Werbetreibenden oder vom bzw. von der Rundfunkveranstalter*in selbst gewünschten Wirkung zum Zweck hat und gegen Bezahlung oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung verbreitet wird (Art. 2 lit. k RTVG).

[108]

Bei der Vermarktung von Marketing- und Übertragungsrechten ist der Rahmen für Werbung und Sponsoring, welcher Art. 9 ff. RTVG für die Schweiz vorgibt, zu beachten. Dieser orientiert sich grundsätzlich nach den Mindestbestimmungen in Art. 11 ff. EÜGF sowie Art. 19 ff. AVMD-RL (Botschaft RTVG, S. 1623). Es ist erforderlich, die jeweiligen Werbe- und Sponsoringbeschränkungen derjenigen Länder zu berücksichtigen, für deren Territorium Nutzungs- und Verwertungsrechte vergeben werden (Hügi, S. 244). So gibt es insbesondere folgende Einschränkungen:

  • Gesundheitspolitisch motivierte Werbeverbote, insbesondere Werbeverbote für Tabakwaren, alkoholische Getränke sowie für verschreibungspflichtige Heilmittel (Art. 10 Abs. 1 lit. a und b, Art. 10 Abs. 2 sowie Art. 12 Abs. 4 RTVG; Art. 16 RTVV; Art. 15 und Art. 18 Abs. 2 EÜGF; Nobel/Weber, S. 573 ff.);

  • Verbot politischer und religiöser Werbung (Art. 10 Abs. 1 lit. d und e RTVG; Art. 17 RTVV; Nobel/Weber, S. 572 f.);

  • Verbot der Schleichwerbung und unterschwelliger Werbung (Art. 9, Art. 10 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 lit. b RTVG; Art. 11 Abs. 2 RTVV und Art. 12 RTVV; Art. 13 EÜGF; Nobel/Weber, S. 573 f.; Capt, N. 133 ff. zu Art. 10 RTVG);

  • Pflicht zur Nennung von Sponsor*innen am Anfang oder am Schluss jeder Sendung (Art. 12 Abs. 2 RTVG; Nobel/Weber, S. 575).

[109]

In der Praxis gab es schon Schwierigkeiten bei der Abgrenzung unzulässiger Schleichwerbung zu grundsätzlich zulässigem (Titel-)Sponsoring. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür bietet das ATP-Turnier «Davidoff Swiss Indoors» in Basel im Jahr 2008, bei dem das Davidoff-Logo während der Übertragung durch die Télévision suisse romande präsent war. Eine Antitabakorganisation erhob gegen die Übertragung der Tennisspiele Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Die UBI wertete die Präsenz des Logos indes nicht als Schleichwerbung, sondern als unauffällige Begleiterscheinung im Rahmen der Tennismatches und somit als akzeptables Ergebnis einer erlaubten Titel-Sponsoring-Vereinbarung (Hügi, S. 244 f. mit Verweis auf UBI-Entscheid b.601vom 27.08.2009 E. 6.3).

D. Persönlichkeitsrecht

1. Übersicht

[110]

Der Persönlichkeitsschutz ist im Sport von zentraler Bedeutung. Die massgebenden Normen sind insbesondere Art. 27 und Art. 28 ZGB, welche unter anderem das Recht am eigenen Bild, an der eigenen Stimme und am eigenen Wort, das Recht auf Namen und andere Identifikationsmerkmale, sowie das Recht auf Achtung der Intim- und Privatsphäre oder das Recht auf Ehre beinhalten (vgl. statt vieler BSK ZGB I-Meili, Art. 28 N 17).

[111]

Für die Teilnahme der Sportler*innen an den Wettkämpfen des Sportverbands, sei es als Individualsportler*in oder als Mannschaftssportler*in, unterwerfen sich die Sportler*innen den Verbandsregularien. Der/die einzelne Athlet*in wird durch seine/ihre direkte Mitgliedschaft in einem Verein und dessen statutarischen Verweisen auf die Regularien übergeordneter Verbände grundsätzlich Teil der Sportverbandspyramide (Hügi, S. 265). Er/Sie ist damit zwar nicht direkt Mitglied in den jeweiligen Sportdachverbänden, aber indirektes Mitglied (vgl. BGE 119 II 271 E. 3). Zudem schliesst der/die Sportler*in regelmässig zusätzliche Verträge mit dem Verein und/oder dem Verband ab (insbesondere Teilnahme-, Lizenz- und Kadervereinbarungen). Solche Verträge enthalten häufig Bestimmungen zur Vermarktung der Athlet*innen und damit verbundenen Rechtsabtretungen bzw. Einwilligungen in Persönlichkeitsverletzungen, wie der Nutzung des Rechts am eigenen Bild für die Medien- und Marketingrechtsverwertung oder Sponsoring- und Werbepflichten gegenüber Verbandssponsor*innen (vgl. zum Ganzen Hügi, S. 267 ff.). Aus diesem Grund stellen Persönlichkeitsrechte in der Regel keine Einschränkung der Verwertung dar (so auch Hügi, S. 247).

[112]

Schliesslich kommt hinzu, dass sich Sportler*innen als sog. absolute Personen der Zeitgeschichte eher Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte gefallen lassen müssen als andere Personen (BSK ZGB I-Meili, Art. 28 N 52). Ein (Mindest-)Schutz der Privatsphäre besteht aber weiterhin und die Abwägung zwischen den Interessen der Athlet*innen und dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit kann im Einzelfall schwierig sein (vgl. dazu Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 68 f. m.w.H.).

2. Bei den Marketingrechten

[113]

In der Regel stellt die Zustimmung der Athlet*innen und ein überwiegendes öffentliches Interesse sicher, dass die Verwertung von Übertragungsrechten hinsichtlich des Persönlichkeitsschutzes grundsätzlich unproblematisch verläuft (siehe nachstehend Rz. 117 ff.). Weniger einfach ist es bei der Verwertung von Marketingrechten. Dort braucht es regelmässig die ausdrückliche Einwilligung zur kommerziellen Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen sowie des Namens, z.B. im Arbeitsvertrag und/oder in zusätzlichen Verträgen mit dem Verein und Verband (vgl. das Beispiel von Art. 9 Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Arbeitsvertrag für Nichtamateur-Spieler der Klubs des Schweizerischen Fussballverbandes, vorstehend Rz. 52). Wird beispielsweise ein Bild eines Sportlers bzw. einer Sportlerin zu Werbezwecken verwendet, ist seine/ihre Einwilligung immer notwendig (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 268; BSK ZGB I-Meili, Art. 28 N 21).

[114]

Das Individualsponsoring von Athlet*innen steht regelmässig in einem Interessenkonflikt mit dem Verbandssponsoring. Sowohl der einzelne bzw. die einzelne Athlet*in als auch der Verband erheben Anspruch auf die Verwertung von Vermarktungsrechten. Dem/der Athlet*in steht auf der einen Seite das originäre Recht zu, seine/ihre Persönlichkeitsrechte zu vermarkten. Auf der anderen Seite vermarktet der Verband seine originären Marketingrechte. Aus diesem Grund bedarf es in den Verträgen zwischen Athlet*innen und Verbänden (bzw. Vereinen, siehe zur indirekten Mitgliedschaft vorstehend Rz. 111) Abgrenzungen im Hinblick auf die Verwertung von Vermarktungsrechten (vgl. Hügi, S. 298).

[115]

Verbände sichern ihren Marketingpartnern häufig auch Leistungen von teilnehmenden Sportler*innen zu. Dazu ist es von entscheidender Bedeutung, dass die entsprechende Leistungserbringung innerhalb der Sportverbandspyramide gewährleistet wird. Um möglichen Konflikten vorzubeugen, sehen die Regularien und Verträge regelmässig Zustimmungserfordernisse des Verbands für individuelle Werbe- und Verkaufsaktivitäten der Athlet*innen vor. Im Gegenzug wird den Individualsponsor*innen der Athlet*innen in der Regel erlaubt, von den Aufnahmen einer Veranstaltung ein Standbild zu nehmen, um dieses nach Beendigung der Veranstaltung als Gratulationsanzeige zu verwenden (zum Ganzen Hügi, S. 248 f. und S. 298).

[116]

Diese internen Regelungen dienen dazu, die Interessen aller Beteiligten, der Vereine, des Verbands, der Sponsor*innen und der Athlet*innen in Einklang zu bringen und ein reibungsloses Funktionieren der Marketingverträge sicherzustellen. Sie gewährleisten auch, dass die Athlet*innen die Möglichkeit haben, persönliche Werbe- und Verkaufsaktivitäten durchzuführen, ohne die Beziehung zu ihrem Verein oder Verband zu beeinträchtigen.

3. Bei den Übertragungsrechten

[117]

Grundsätzlich darf niemand ohne seine Zustimmung fotografisch, filmisch, durch Zeichnungen, Gemälde oder ähnliche Verfahren abgebildet werden. Das gilt auch für Sportler*innen (zur Ausnahme von Sportler*innen, die zu den absoluten Personen der Zeitgeschichte gehören, vgl. vorstehend Rz. 112 sowie BSK ZGB I-Meili, Art. 28 N 52).

[118]

Die Teilnahme an einem sportlichen Wettbewerb führt in der Regel zu einer mindestens konkludenten Einwilligung durch den/die Athlet*in zu Bild- und Tonaufnahmen. Hinzu kommt, dass eine allfällige Persönlichkeitsverletzung regelmässig durch ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt wäre (vor allem bei grösseren Sportveranstaltungen). Sendeunternehmen dürfen daher Bild- und Tonaufnahmen in solchen Fällen auch ohne Einwilligung ausstrahlen (vgl. auch zum Ganzen Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 267; Hügi, S. 247 f.). Nichtsdestotrotz erfolgt meistens eine Einwilligung im Rahmen der Regularien und Verträge (vorstehend Rz. 111).

[119]

Die Athlet*innen geniessen aber immer einen gewissen Schutz der Geheim- oder Intimsphäre (Hügi, S. 248; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 267 f.). Dies gilt auch bei der Kameraführung im Rahmen der Herstellung des Sendesignals.

[120]

In Bezug auf Dritte, v.a. Zuschauer*innen, sind etwa Bildaufnahmen vom Publikum als Teil des Ereignisses in der Regel unproblematisch. Unzulässig ist demgegenüber die Herausisolierung einzelner Personen aus einem in zulässiger Weise aufgenommenen Personenkreis oder die Verwendung einer mit Einverständnis gemachten Aufnahme in einem ganz anderen Zusammenhang (BSK ZGB I-Meili, Art. 28 N 21). Zu beachten ist indes, dass üblicherweise in den Ticket-AGB eine weitgehende Einwilligung erteilt wird (vgl. dazu Hügi, S. 248).

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