Wenn der Rechtsstaat versagt, wird sie aktiv: Wie Alicia Giraudel mit Amnesty International für Menschenrechte kämpft

Wenn der Rechtsstaat versagt, wird sie aktiv: Wie Alicia Giraudel mit Amnesty International für Menschenrechte kämpft

Cedric Frenzer
Cedric Frenzer

Die Menschenrechtsexpertin und Rechtsberaterin bei Amnesty International Schweiz teilt, wo der Rechtsstaat an seine Grenzen stösst oder sie bewusst verschiebt. Sie spricht über Polizeigewalt, Missstände in Asylzentren und Gesetze, die Freiheitsrechte aushöhlen. Sie zeigt, wie staatliches Versagen konkrete Leben gefährdet und warum sie unbeirrt für Gerechtigkeit kämpft.


Themen: Menschenrechte, Völkerrecht, Asylrecht, Internationale Organisationen,  Polizeigewalt, Karrieretipps, Human Rights Expert, Amnesty International Schweiz.
Kommentieren Sie gerne auf LinkedIn.
Lesezeit: 8 Minuten.

 

Guten Tag Frau Giraudel. Seit 2019 sind Sie als Legal Advisor und Researcher bei Amnesty International Schweiz tätig. Können Sie uns einen Einblick geben, mit welchen rechtlichen Themen und Aufgaben Sie sich konkret befassen?

 

Ich arbeite schwerpunktmässig zu menschenrechtlichen Fragen in den Bereichen Asyl und Migration, Polizei, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie Menschenrechtsschutz im Rahmen der Terrorismusbekämpfung in der Schweiz. Ein zentraler Teil meiner Arbeit besteht in völkerrechtlichen Analysen und Recherchen – etwa auf Basis von Interviews mit Betroffenen, Auskunftsgesuchen bei Behörden oder Gesprächen mit Expert*innen. Daraus entstehen Berichte zu Menschenrechtsverletzungen in der Schweiz, die wiederum die Grundlage für unsere Kampagnen, Lobbyarbeit und öffentliche Positionierungen bilden. Daneben unterstütze ich im Rahmen internationaler strategischer Prozessführung auch konkrete Einzelfälle, etwa durch Drittparteieninterventionen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder den UNO-Menschenrechtsorganen. Des Weiteren unterstütze ich Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch meine menschenrechtliche Expertise sowie durch die Vernetzung mit Menschenrechtsanwält*innen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der politische Dialog – sei es mit dem Staatssekretariat für Migration, Polizeikommandant*innen oder Parlamentsmitgliedern. Besonders schätze ich an meiner Arbeit die Verbindung zwischen der internationalen und der lokalen Ebene: der Austausch mit Kolleg*innen weltweit, aber auch die Nähe zu Betroffenen und Aktivist*innen in der Schweiz.

 

Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag typischerweise und welche Unterschiede zu Ihrer Erfahrung in traditionellen Anwaltskanzleien haben Sie bemerkt?

 

Kein Tag gleicht dem anderen – das macht meine Arbeit so abwechslungsreich und spannend. Ein typischer Arbeitstag kann beispielsweise so aussehen: Am Vormittag arbeite ich an einer juristischen Stellungnahme zu einer Gesetzesrevision, bespreche mit meinen Kolleg*innen in London die Möglichkeit einer Drittparteienintervention vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, führe ein Telefongespräch mit einer Journalistin für ein Interview, halte am Nachmittag eine Sitzung mit Behörden oder führe ein vertrauliches Gespräch mit einer betroffenen Person, die eine Menschenrechtsverletzung erlebt hat – und am Abend gebe ich einen Workshop für Aktivist*innen zum Recht auf Protest oder nehme an einer Podiumsdiskussion mit Expert*innen teil.

Während in Kanzleien oft die Interessen einzelner Mandant*innen im Vordergrund stehen, ist unser Ziel, strukturelle Reformen anzustossen und den menschenrechtlichen Schutz auf gesellschaftlicher Ebene zu stärken. - Alicia Giraudel

Im Vergleich zur Arbeit in den meisten traditionellen Anwaltskanzleien ist mein Arbeitsumfeld bei Amnesty deutlich interdisziplinärer und meine Arbeit stärker auf systemische Veränderungen ausgerichtet. Während in Kanzleien oft die Interessen einzelner Mandant*innen im Vordergrund stehen, ist unser Ziel, strukturelle Reformen anzustossen und den menschenrechtlichen Schutz auf gesellschaftlicher Ebene zu stärken. Die Vielfalt an Tätigkeiten, die Kombination aus Analyse, Advocacy-Arbeit, öffentlichem Auftritt und internationaler Zusammenarbeit sowie der Austausch mit Kolleg*innen im Bereich Kommunikation, Kampagnen und Aktivismus ist bereichernd und erlaubt mir, meine juristische Expertise auf ganz unterschiedliche Weise einzusetzen.

 

Ihre Laufbahn zeigt eine spannende Vielfalt an Stationen, darunter auch bei internationalen Organisationen und in der Schweizer Justiz. Wie haben diese unterschiedlichen Erfahrungen Ihre Expertise im Bereich der Menschenrechte geprägt?

 

Diese Stationen haben mir eine ganzheitliche Perspektive auf die Menschenrechte ermöglicht – von der Diplomatie und Politik über die gerichtliche Praxis bis hin zur direkten Arbeit mit Betroffenen. Schon früh wusste ich, dass das mein Weg ist. Bereits ab meinem ersten Studienjahr in Genf habe ich begonnen, praktische Erfahrungen im Bereich der Menschenrechte zu sammeln. So war ich in den ersten Semesterferien für Peace Watch Switzerland als Menschenrechtsbeobachterin in Chiapas, Mexiko, im Einsatz. Ich habe mehrere Wochen in einer Gemeinde der Abejas gelebt und miterlebt, wie Gemeinschaften trotz jahrzehntelanger Marginalisierung und Gewalt für ihre Rechte kämpfen. Diese Erfahrung hat mir nicht nur die Verwundbarkeit, sondern auch die enorme Widerstandskraft von Basisbewegungen gezeigt.

 

Als Praktikantin bei der Schweizer Botschaft in Damaskus konnte ich schwere Menschenrechtsverletzungen aus erster Hand verfolgen. Ich habe Prozesse politischer Gefangener beobachtet und einen Bericht zur Situation der Frauenrechte verfasst. Diese Auseinandersetzung mit einem autoritären Regime, das sich damals noch als progressiv erachtete und sich mit dem Schutz der Minderheiten brüstete, hat mir verdeutlicht, wie autoritäre Regierungen auf Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen reagieren, mit welchen Mitteln versucht wird, Reformen und Fortschritt zu verhindern und wie wichtig Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für die Umsetzung der Menschenrechte sind.

 

Mein Praktikum beim UNO-Menschenrechtsrat ermöglichte mir, die politischen Prozesse hinter Resolutionen und Debatten zu verstehen. Ich habe gelernt, wie Interessen verschiedener Staaten oft Menschenrechtsfragen beeinflussen und wie Nichtregierungsorganisationen eine entscheidende Rolle dabei spielen, Missstände auf die Agenda zu setzen.

 

Beim UNO-Antirassismus-Ausschuss (CERD) konnte ich erleben, wie Vertragsorgane der UNO arbeiten. Ich erkannte, dass die Untersuchung der Staatenberichte ein wichtiges Selbstevaluationsinstrument für die Staaten darstellt und die Einschätzung der UNO-Vertragsorgane sehr stark von der dokumentierten Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen abhängt. Diese Erfahrung hat mir die Bedeutung unabhängiger Berichterstattung und Advocacy-Arbeit für den internationalen Menschenrechtsschutz vor Augen geführt.

Staatliche Institutionen kommen ihrer Schutzpflicht nicht ausreichend nach: Beteiligungsverfahren sind lückenhaft, unabhängige Kontrollmechanismen fehlen, und wirtschaftliche Interessen dominieren politische Entscheidungen. - Alicia Giraudel

In Ecuador habe ich durch meine Tätigkeit beim UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte die Praxis der Menschenrechtsarbeit der Vereinten Nationen hautnah erlebt. Die Beratung lokaler Akteure – von NGOs über staatliche Institutionen bis hin zu betroffenen Gemeinschaften – hat mir gezeigt, dass der Schutz von Menschenrechten nicht nur rechtliche Fragen betrifft, sondern oft mit sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Herausforderungen verbunden ist. Besonders im Rohstoffsektor geraten die Rechte der lokalen Gemeinschaften oft mit den Interessen multinationaler Unternehmen in Konflikt. Zwar existiert das Recht auf vorherige, freie und informierte Zustimmung (FPIC), doch seine Umsetzung scheitert häufig – nicht nur an unternehmerischem Fehlverhalten, sondern auch an staatlichem Versagen. Staatliche Institutionen kommen ihrer Schutzpflicht nicht ausreichend nach: Beteiligungsverfahren sind lückenhaft, unabhängige Kontrollmechanismen fehlen, und wirtschaftliche Interessen dominieren politische Entscheidungen.

 

Bei der Direktion für Völkerrecht des EDA konnte ich mich mit menschenrechtlichen Fragen aus diplomatischer Perspektive befassen und an den Verhandlungen zu Resolutionen sowie zu den Globalen Pakten für Flüchtlinge und Migration mitwirken. Dabei wurde mir bewusst, wie gross die Diskrepanz zwischen den aussenpolitischen Ambitionen der Schweiz und der Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen im Inland sein kann. Während sich die Schweiz international als engagierte Verfechterin der Menschenrechte positioniert und in multilateralen Foren aktiv dafür einsetzt, zeigt sich auf nationaler Ebene oft ein anderes Bild. Ein zentrales Hindernis stellt der Föderalismus dar: Da viele Zuständigkeiten bei Kantonen und Gemeinden liegen, erfolgt die Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen fragmentiert und ist stark von lokalen politischen Mehrheiten abhängig. Dies führt dazu, dass selbst völkerrechtlich anerkannte Standards nur zögerlich oder uneinheitlich umgesetzt werden.

 

Während meiner Tätigkeit am Bundesverwaltungsgericht konnte ich aus nächster Nähe beobachten, wie Menschenrechte durch die Justiz geschützt werden – oder eben nicht. Die Arbeit an Asylfällen hat mir vor Augen geführt, dass völkerrechtliche Verpflichtungen von nationalen Gerichten oftmals nur oberflächlich geprüft werden. Auffallend und rechtsstaatlich problematisch empfand ich die Feststellung, dass auch letztinstanzliche Richter*innen einer Parteizugehörigkeit unterstehen und mit der Praxis der sogenannten Mandatsabgaben finanzielle Beiträge an die jeweilige Partei zahlen. Diese wurde auch bereits mehrfach von internationalen Gremien kritisch thematisiert.

 

Welche Projekte oder Kampagnen bei Amnesty International sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und wie tragen Sie zur Förderung der Menschenrechte bei?

 

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Kampagne gegen das sogenannte Polizeimassnahmengesetz zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) in der Schweiz. Diese Kampagne war für mich ein Schlüsselmoment, weil sie deutlich gemacht hat, wie schnell grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien – wie die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Verfahren oder der Schutz vor willkürlichen Eingriffen in die Privatsphäre – unter dem Vorwand der Sicherheit ausgehöhlt werden können. Gemeinsam mit anderen Organisationen und Expert*innen habe ich mich dafür eingesetzt, die Öffentlichkeit für die Gefahren dieses Gesetzes zu sensibilisieren. Wir haben betont, dass vage formulierte Begriffe wie "terroristische Gefährder", die weder einen Strafdelikt noch die Anwendung oder Androhung von Gewalt voraussetzen, dem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Von ungerechtfertigten Zwangsmassnahmen bedroht sind insbesondere Personen, die sich in einer kontroversen Debatte kritisch äussern oder bestimmten Gruppen angehören, die ohnehin schon unter besonderer Beobachtung stehen.

 

In der Kampagne gegen das PMT habe ich gelernt, wie wichtig Aufklärung, Dialog und öffentlichkeitswirksame Aktionen sind. Ich habe Vorträge gehalten, Inhalte für die Webseite aufbereitet, mich an der Mobilisierung für das Referendum beteiligt und versucht, komplexe juristische Inhalte verständlich und zugänglich zu vermitteln. Auch wenn das Gesetz letztlich angenommen wurde, war die breite Debatte darüber ein Erfolg für die demokratische Meinungsbildung. Sie hat viele Menschen zum Nachdenken über den Wert unserer Grundrechte angeregt. In meiner Arbeit zur Förderung der Menschenrechte ist mir genau das wichtig: Räume zu schaffen, in denen informiert, diskutiert und Stellung bezogen werden kann. Ich sehe mich als Vermittlerin zwischen Jurisprudenz, Politik und Öffentlichkeit – mit dem Ziel, langfristig eine Kultur der Menschenrechte zu stärken.

Besonders betroffen gemacht hat mich das Gespräch mit Geflüchteten, die bereits traumatisierende Erfahrungen hinter sich hatten und in der Schweiz in einem System landeten, das sie nicht geschützt, sondern teilweise weiter gefährdet hat. - Alicia Giraudel

Ein weiteres Projekt, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war meine Recherche zu den Gewaltvorfällen in Bundesasylzentren. In diesem Zusammenhang habe ich mich intensiv mit Berichten über Misshandlungen, unangemessene Sicherheitspraktiken und fehlende unabhängige Kontrollmechanismen auseinandergesetzt. Besonders betroffen gemacht hat mich das Gespräch mit Geflüchteten, die bereits traumatisierende Erfahrungen hinter sich hatten und in der Schweiz in einem System landeten, das sie nicht geschützt, sondern teilweise weiter gefährdet hat. Während meiner Recherche habe ich Gespräche mit Betroffenen, Whistleblower*innen und Behördenvertreter*innen geführt, Dokumente ausgewertet und versucht, Strukturen zu verstehen, die solche Gewaltvorfälle ermöglichen – oder zumindest nicht ausreichend verhindern. Durch meine Recherchen konnte ich einen Beitrag dazu leisten, dass Missstände benannt und öffentlich diskutiert wurden – sei es durch Medienberichte, parlamentarische Vorstösse oder zivilgesellschaftlichen Druck.

 

Ich möchte Menschen und ihre Schicksale sichtbar machen, die sonst oft ungehört bleiben. Diese Arbeit war nicht nur emotional herausfordernd, sondern hat mir auch gezeigt, wie wichtig es ist, menschenrechtliche Standards konsequent auch innerhalb der eigenen Landesgrenzen einzufordern. Oft wird über Menschenrechte in anderen Ländern gesprochen, dabei beginnt der Schutz der Menschenwürde direkt vor unserer Haustür und auch hier kann es zu Misshandlungen durch staatlich mandatiertes Sicherheitspersonal kommen. Für mich bedeutet menschenrechtliches Engagement nicht nur Protest gegen schwere Verstösse im Ausland, sondern auch das genaue Hinschauen in unserem Land.

 

Sie haben als Human Rights Officer sowohl für die UNO in Ecuador als auch in Genf gearbeitet. Welche Unterschiede erleben Sie in der Durchsetzung und Anerkennung von Menschenrechten zwischen diesen verschiedenen Arbeitsumfeldern? 

 

Am Sitz des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) in Genf erlebt man eine hochrangige, diplomatische Auseinandersetzung mit Menschenrechtsthemen. Hier werden Resolutionen für den Menschrechtsrat erarbeitet und Empfehlungen zur Einhaltung der Menschenrechte von Staaten an Staaten durch die Universal Periodic Review (UPR) formuliert oder die Arbeit der Vertragsorgane, die aus unabhängigen Expert*innen bestehen, koordiniert. Es ist eine Welt der formalen Debatten, strategischen Berichte und politischen Kompromisse. Menschenrechtsverletzungen werden hier oft auf einer abstrakten Ebene diskutiert – weit entfernt von der unmittelbaren Realität der Betroffenen. In der Feldarbeit wird die Kluft zwischen den internationalen Standards und der tatsächlichen Umsetzung greifbar. Hier zeigt sich, wie schwierig es ist, menschenrechtliche Verpflichtungen in nationale Gesetze und vor allem in den Alltag der Menschen zu überführen. Herausforderungen wie strukturelle Armut, Korruption, Unterdrückung von Minderheiten, Umweltkonflikte oder Polizeigewalt treten in den Vordergrund. Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen, Gemeinden und Behörden zentral, um konkrete Verbesserungen zu bewirken – sei es durch Menschenrechtsbildung, Unterstützung gefährdeter Gruppen oder direkte Interventionen bei akuten Menschenrechtsverletzungen. Die Arbeit im internationalen Genf ist entscheidend, um den rechtlichen und politischen Rahmen für Menschenrechte zu setzen. Doch die Erfahrung im Feld zeigt, dass Menschenrechte nicht durch Berichte oder Resolutionen geschützt werden, sondern durch den Mut und die Beharrlichkeit von Betroffenen, Aktivist*innen und lokalen Organisationen, die diese Rechte täglich einfordern.

 

Welche rechtlichen und praktischen Herausforderungen begegnen Ihnen bei ihrem weltweiten Einsatz für Menschenrechte?

 

Die grösste Herausforderung ist aktuell die zunehmende Infragestellung der internationalen Menschenrechtsordnung. Wir erleben eine weltweite Tendenz, die Autorität von Institutionen wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder den UNO-Menschenrechtsausschüssen zu untergraben. Nationalistische und autoritäre Kräfte stellen die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten in Frage und versuchen, völkerrechtliche Verpflichtungen als Eingriff in die nationale Souveränität zu framen. Das ist brandgefährlich. Denn diese internationalen Institutionen wurden geschaffen, um den Einzelnen vor staatlicher Willkür zu schützen – insbesondere dann, wenn nationale Schutzmechanismen versagen.

 

Die Europäische Menschenrechtskonvention ist ein direktes Ergebnis der Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie sollte verhindern, dass sich diese Gräuel in Europa jemals wiederholen. Wer die EMRK und ihre Grundprinzipien in Frage stellt, rüttelt an den Fundamenten des modernen Rechtsstaats.

 

Mit der Schwächung der Geltung und Durchsetzbarkeit von Menschenrechten steht nicht weniger als die Substanz unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung auf dem Spiel. 

Schon gewusst?

Ob klassische Kanzlei, traditionelles Gericht oder ein ausgefallener Weg wie der von Frau Giraudel

Auf Lawjobs.ch entdecken Jurist:innen vielfältige Karrieremöglichkeiten.

Zu Lawjobs

Was würden Sie anderen raten, die eine internationale Karriere in der Menschenrechtsarbeit anstreben?

 

Ich würde ihnen auf jeden Fall raten, diesen Weg zu verfolgen. Die Welt braucht dringend mehr Jurist*innen, die über eine fundierte menschenrechtliche Ausbildung verfügen und bereit sind, dieses Wissen in unterschiedlichen Kontexten einzusetzen – sei es in der Verwaltung, bei Gerichten, in der Zivilgesellschaft, in internationalen Organisationen oder auch in der Privatwirtschaft. Menschenrechte sind kein Nischenthema. Sie betreffen zentrale Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Rechtsstaatlichkeit – in Migrations- und Asylfragen ebenso wie im Polizeirecht, im Strafvollzug, im Gesundheitswesen oder beim Zugang zu Bildung. Wer sich für eine Karriere in diesem Feld entscheidet, sollte sich darauf einstellen, in komplexen politischen und rechtlichen Umfeldern zu arbeiten. Es braucht analytisches Denken, Durchhaltevermögen und oft auch Frustrationstoleranz – denn Fortschritte geschehen selten über Nacht. Gleichzeitig ist es eine zutiefst sinnstiftende Arbeit, die einem die Möglichkeit gibt, strukturelle Veränderungen mitzugestalten und Menschen konkret zu unterstützen.

Deshalb ist mein Rat:

  • Seinem Herzen folgen – Engagement für Menschenrechte lebt davon, dass man seinen Werten treu bleibt. Der Einstieg in die Praxis kann herausfordernd sein, vor allem, wenn man sich im Studium nicht explizit auf Menschenrechte oder Völkerrecht spezialisiert hat. Absagen und schwierige Phasen gehören dazu – sie sind kein Zeichen mangelnder Eignung, sondern Teil des Weges.
     
  • Praktische Erfahrung sammeln – Freiwilligenarbeit, Praktika und wissenschaftliche Arbeit sind oft entscheidend, um Fuss in diesem Bereich zu fassen.
     
  • Netzwerke aufbauen – Kontakte zu Menschenrechtsorganisationen, Aktivist*innen und Fachleuten sind wertvoll. Konferenzen, Online-Foren und Mitgliedschaften bei NGOs bieten gute Möglichkeiten, sich zu vernetzen.
     
  • Interdisziplinär denken – Menschenrechte sind mit Recht, Politikwissenschaften, Wirtschaft, Journalismus, Soziologie und vielen weiteren Bereichen verbunden. Eine breite Perspektive hilft weiter.
     
  • Sich weiterbilden – Auch im Bereich der Menschenrechte passiert viel. Ob durch ein LL.M., Workshops oder Selbststudium – wer auf dem Laufenden bleibt, stärkt nicht nur die eigene Expertise, sondern auch die Wirkung der eigenen Arbeit. 

 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in Ihre spannende Karriere und in die Arbeit von Amnesty International. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und alles Gute!

Lawjobs Jobletter
Abonnieren
Weblaw AG
Weblaw AG

Academy I Verlag I Weiterbildung I Software I LegalTech

PDF