Vom Spielfeldrand in den Gerichtssaal: Wie Juristin Hannah Sutter hinter den Kulissen der UEFA Women’s EURO 2025 für gerechte Regeln und Sichtbarkeit sorgt

Vom Spielfeldrand in den Gerichtssaal: Wie Juristin Hannah Sutter hinter den Kulissen der UEFA Women’s EURO 2025 für gerechte Regeln und Sichtbarkeit sorgt

Cedric Frenzer
Cedric Frenzer

Für die Schweiz ist die Durchführung der Frauen EM 2025 eine grosse Sache. Hannah Sutter, Verwaltungsrätin, Rechtsanwältin, LL.M, unterstützt die erfolgreiche Planung und Durchführung als Co-Gesamtprojektleiterin UEFA Women’s EURO 2025 Host City Bern. Wir durften mit ihr darüber sprechen, was sie "zum Fussball" gebracht hat.


Themen: Fussball, Sport, Frauenfussball, Frauenförderung, Projektmanagement, Kommunikation, Stadtimage, Vertragswesen
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Lesezeit: 7 Minuten.

 

Guten Tag Frau Sutter. Sie sind Anwältin und waren zuletzt als Leiterin Regulatory Affairs bei der Schweizerischen Post tätig. Was hat Sie dazu bewegt, die Rolle als Co-Gesamtprojektleiterin der Host City Bern für die Frauenfussball-EM 2025 (WEURO25) zu übernehmen?

 

Es gab verschiedene Aspekte, die mich an dieser Rolle gereizt haben. Neben der Leidenschaft für den Fussball und meiner Liebe zu Bern war es v.a. der Legacy-Gedanke, der ganz eng mit diesem Turnier verbunden ist. Wir wollen mit der EURO 25 Mädchen und Frauen im Fussball, im Sport und in der Gesellschaft nachhaltig fördern und unterstützen.

 

Was fasziniert Sie persönlich am Fussball? 

 

Athletik, Taktik, Kampf und Teamgeist und natürlich auch die Emotionen – auf dem Spielfeld und im Stadion. Es geht nur miteinander, für einen Sieg braucht es jede und jeden im Team.

Das sportliche und positive politische Umfeld, ein unglaublich engagiertes Team sowie die Kombination von Sportgrossevent und Musik- und Kulturfestival in der Innenstadt sind faszinierend. - Hannah Sutter

Welche Aufgaben übernehmen Sie als Co-Gesamtprojektleiterin der Host City Bern und was begeistert Sie daran besonders?

 

Ich teile die Gesamtprojektleitung mit Marc Heeb, dem langjährigen Leiter des städtischen Polizeiinspektorats. Marc Heeb kümmert sich schwerpunktmässig um die behördlichen Belange wie den öffentlichen Raum und das Bewilligungsmanagement, die Sicherheit sowie Mobilität und Verkehr. Das Rahmenprogramm in den Fan Zonen, Events im Vorfeld, Marketing und Kommunikation, Volunteers, die Nachhaltigkeit und die Legacy und viel Juristisches wie die Verhandlungen mit der UEFA und das ganze Vertragliche liegen bei mir.  Um die Themen Personal und Finanzen kümmern wir uns gemeinsamen.

 

Das sportliche und positive politische Umfeld, ein unglaublich engagiertes Team sowie die Kombination von Sportgrossevent und Musik- und Kulturfestival in der Innenstadt sind faszinierend.

Vor welche Herausforderungen stellte Sie Ihre Rolle und inwiefern half Ihnen Ihr juristischer Background dabei?

 

Zu Beginn des Projekts standen wir vor einer grünen Wiese. Diese galt es rasch – wir hatten nur 1.5 Jahre Zeit bis zum Turnier – in eine Landschaft aus Konzepten, Herausforderungen und Lösungen umzuwandeln. Die UEFA selbst hatte keine klaren Vorstellungen, wie die UEFA Women’s EURO 2025, die erstmals in der Form eines sog. Major Turniers (wie bei den Männern) ausgetragen wird, in den Host Cities umgesetzt werden soll. Es gibt beispielsweise anders als bei einem Männerturnier keine Vorgabe, dass die Host Cities Fan Zonen und Public Viewing organisieren müssen. Diese sind freiwillig. Uns war allerdings von Anfang an klar, dass wir in Bern sämtliche Spiele im Public Viewing zeigen und ein attraktives Rahmenprogramm für Einheimische und Gäste bieten wollen.

 

Mein juristischer Background hilft mir täglich, sei es bei Verhandlungen mit der UEFA, den UEFA-Sponsoren, unseren Host City Partner*innen, Agenturen, Künstler*innen, Infrastrukturpartner*innen und Dienstleister*innen, im politischen Kontext oder in der Projektleitung.

Während der Vorbereitungsphase war das Budget immer wieder Thema. Wie bewerten Sie rückblickend die finanzielle Ausstattung und Unterstützung?

 

Hier müssen wir unterscheiden. Anders als bei der EURO 08 der Männer, wo der städtische Kredit vors Volk musste und nur ganz knapp angenommen wurde, war die Unterstützung durch die Politik und die Gesellschaft für die EURO 25 der Frauen von Anfang an sehr gross. Der Stadtrat hat bereits Ende November 2022 einen Verpflichtungskredit von 6.1 Millionen Franken genehmigt. Beim Kanton ging es etwas länger. Aber auch da war die Unterstützung gross. Für die Host Cities Bern und Thun hat der bernische Grosse Rat im Juni 2024 einen Kredit von maximal 6.58 Millionen Franken bewilligt. Etwas harzig war es auf Bundesebene. Hier mussten wir für eine angemessene finanzielle Unterstützung des grössten frauenspezifischen Sportanlasses Europas kämpfen. Der Bund wollte zunächst nur 4 Millionen Franken sprechen, die erst noch anderweitig hätten kompensiert werden müssen. Erst auf breiten politischen Druck hin hat das Parlament diesen Entscheid des Bundesrates gekehrt und einen Unterstützungsbeitrag von 15 Millionen Franken beschlossen (für Legacy-Massnahmen, ÖV-Ticketintegration und Landeskampagne).

 

Welche Initiativen hat die Host City Bern umgesetzt, um mehr öffentliches Interesse zu generieren und wie kann die Stadt langfristig von diesem Grossanlass profitieren?

 

Wir haben verschiedenste Initiativen und Projekte umgesetzt, um das öffentliche Interesse an der EURO 25 und am Frauenfussball zu steigern. Mit dem «Berner Ballzauber» haben wir einen eigenen Auftritt mit Logo und Claim für sämtliche Aktivitäten der Host City Bern rund um die Frauenfussball-EM kreiert, mit dem wir seit Mitte letzten Jahres die Spiele in Bern und unser vielfältiges Rahmenprogramm bewerben. Wir haben ein Berner Ballzauber-Tram und einen EURO 25-Bus auf die Schienen resp. Strassen geschickt. Für unser 100-Days-to-Go haben wir mit dem BSC YB zusammengespannt und am 22. März beim Stadion Wankdorf ein FF-12 Juniorinnenturnier organisiert, den ersten YB Kids Day vor einem Spiel der YB Frauen mitinitiiert und mit 10'647 Zuschauerinnen und Zuschauern einen neuen AWSL-Rekord aufgestellt. Auch ein Parlamentarier*innenspiel mit Spielerinnen und Spielern von FC Nationalrat und FC Helvetia haben wir rund drei Wochen vor dem Start der EURO 25 auf dem Bundesplatz, der offiziellen Fan Zone in Bern, mitorganisiert, um in der Politik die Vorfreude zu steigern, was sehr gut gelungen ist.

 

Dank der EURO wird sich Bern während rund 4 Wochen den Einheimischen und Gästen aus dem In- und Ausland von seiner besten Seite zeigen können. Mit dem Sommerfussballfestival «Berner Ballzauber» und einem Doppelpass zwischen Sport und Kultur wollen wir mit Public Viewing sämtlicher Spiele, der eigens für die EURO in Bern kreierten Filmshow UNSTOPPABLE zur bewegten Geschichte des Frauenfussballs, einem vielseitigen Konzert- und DJ-Programm auf dem Bundesplatz und vielem mehr unvergessliche Momente für alle schaffen.

 

Wie erleben Sie die Reaktionen aus der Stadt, und ist die EM-Stimmung in Bern schon spürbar?

 

Die Vorfreude ist gross, die Reaktionen sind sehr positiv und der Puls steigt.  Wir haben diese Woche mit den Aufbauarbeiten auf dem Bundesplatz und dem Waisenhausplatz angefangen und am Dienstag, dem 1. Juli eröffnen wir mit einer grossen Feier und zwei Konzerten die Fan Zone auf dem Bundesplatz. Schon seit Längerem gibt es an verschiedenen Orten in der Stadt Töggelikästen im «Berner Ballzauber»-Look und Anfang Juni wurden überall in der Stadt Plakatständer zum Rahmenprogramm der Host City Bern aufgestellt. Beim Zytglogge, auf der Münsterplattform, beim Bärenpark und im Rosengarten laden übergrosse Fotorahmen im EURO-Look zu Erinnerungsfotos ein.  Und spätestens seit gestern dürfte für alle Einheimischen und Gäste klar sein, dass da was Grosses entsteht: seit da wehen in verschiedenen Gassen EURO 25-Fahnen und am Bahnhofplatz begrüsst ein riesiger offizieller EURO 25-Matchball die Besuchenden.

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Welche Massnahmen werden in Bern ergriffen, um sicherzustellen, dass die Frauenfussball-EM 2025 ein nachhaltiger Event wird?

 

Am 5. März 2025 haben die acht Host Cities ihre jeweilige Nachhaltigkeitscharta veröffentlicht. Diese orientiert sich an den «Sustainable Development Goals» (SDG) der Vereinten Nationen und dient als Grundlage für die Planung und Organisation sämtlicher Aktivitäten rund um die EURO 25. Die Host City Bern legt ihren Fokus insbesondere auf die SDGs Nr. 5 «Geschlechtergleichheit», Nr. 12 «Verantwortungsvoller Konsum und Produktion», Nr. 13 «Massnahmen zum Klimaschutz» sowie Nr. 17 «Partnerschaften zur Erreichung der Ziele».

 

Im Bereich Geschlechtergleichheit spielt die Legacy, d.h. das Vermächtnis der EURO 25 eine zentrale Rolle. Bei unseren vielseitigen Legacy-Massnahmen geht um bessere Rahmenbedingungen, mehr Sichtbarkeit und neue, weibliche Vorbilder. So realisieren wir mit dem regionalen Fussballverband Bern-Jura zahlreiche Projekte, um die Zahl der Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Funktionärinnen und Torspielerinnen zu erhöhen. Und das städtische und das kantonale Sportamt haben u.a. verschiedene neue Girls only-Angebote geschaffen.

 

Im Bereich Klimaschutz ist ein wichtiger Bestandteil die schweizweite Integration des öffentlichen Verkehrs in die Matchtickets. Im Bereich Konsum und Produktion setzt die Host City Bern schon während der Planung wann immer möglich auf Mietmaterial. Wenn wir neues Material anschaffen müssen, dann überlegen wir schon vor der Beschaffung, wie wir dieses später wiederverwenden oder recyceln können. So wird der Naturrasen im Stadion Wankdorf nach dem Turnier an einen anderen Standort in der Stadt Bern verlegt.

 

Zudem ist es unser erklärtes Ziel, die Zusammenarbeit von lokalen Stakeholdern auf allen Ebenen zu fördern und zu verbessern. Die EURO 2025 soll auch für das Gewerbe und die Wirtschaft in Bern und der Region langfristig einen positiven Einfluss haben.

 

‍Abschliessend: Welche Ratschläge würden Sie JuristInnen geben, die ähnliche Karriereschritte in Betracht ziehen?

 

Offen und mutig sein, auch mal unkonventionelle Wege einschlagen und sich Dinge zutrauen, in denen man/frau noch keine Erfahrung hat. Es lohnt sich!

 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in Ihre spannende Karriere. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und alles Gute!

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